Zur Wiederholung: Enaktive Kognition (#enacted )
Enaktive Kognition meint, dass wir unser Denken und Erleben unserer Existenz durch Handlungen und Interaktionen mit der Welt fortlaufend erschaffen. Cognition ist hier kein passives Abspeichern von Informationen, sondern ein aktiver Prozess des „In-der-Welt-Seins“. Übertragen auf Geschlecht bedeutet das: Geschlecht wird etwas, das man tut. Eine Person enaktiert (führt aus) ihr Geschlecht, indem sie in Alltagssituationen entsprechend handelt, reagiert und sich verhält. Für trans Personen ist dieser Aspekt besonders greifbar. Viele trans Personen beschreiben den Prozess des Transition (Übergangs) als aktives Ausprobieren und Performen ur weiteren Entfaltung ihrer Geschlechtlichkeit, ihrer geschelchtlichen Existenz: zum Beispiel zum ersten Mal mit Freunden den neuen Namen und die gewünschten Pronomen verwenden, eine andere Art von Kleidung in der Öffentlichkeit tragen oder die Stimme und Gestik an das eigene Geschlechtsempfinden angleichen. Jede dieser Handlungen verkörpert die Identität und stärkt sie zugleich. Durch das Tun – etwa morgens bewusst die Kleidung wählen, die zur erlebten geschlechtlichen Leiblichkeit passt, oder im Gespräch die eigenen Pronomen durchsetzen – entsteht in der Interaktion mit anderen ein reales Gefühl von „Ich bin so“. Enaktiv heißt also, Geschelchtlichkeit zeigt sich im Handeln und wird durch das Handeln immer wieder bestätigt und geformt.
Dieser dynamische Ansatz erfasst die Flüssigkeit und Entwicklung geschlechtlicher Existenzentfaltung besser als statische Modelle. Rein kognitive Modelle behandeln Geschlechtlichkeit oft als feste innere Überzeugung, rein biologisch als unveränderliches Merkmal. Das enaktive Modell dagegen sieht Transition/Entfaltung geschlechtlicher Existenz als Prozess: Menschen wachsen und entfalten sich kontinuierlich, indem sie handeln. So kann eine Person im Laufe ihres Lebens unterschiedliche Facetten ihres Geschlechts leben und auch Wandel erfahren (Stichwort Genderfluidität). Forschung im enaktiven Bereich beschreibt, dass Individuen ein Geschlecht „vollziehen“, indem sie auf kulturelle Angebote (Normen und Rollen) in ihrer Umgebung reagieren und entsprechend handeln Zum Beispiel „tut“ jemand Geschlecht, indem er oder sie auf die gesellschaftlichen Erwartungen für Männer oder Frauen reagiert – oder diese bewusst durchbricht. Für trans Personen, die oft ganz bewusst ihr empfundenes Geschlecht gegen anfängliche Erwartungen des Umfelds durchsetzen, passt dieses Bild sehr gut. Ihre Geschelchtlichkeit wird in jedem Gespräch, jeder Geste und jeder Entscheidung neu erschaffen – ein Konzept, das ein enaktiver Ansatz wunderbar einfängt. So verstehen wir, dass Geschelchtlichkeit nichts Statisches ist, sondern etwas, das wir gemeinsam mit unserer Umwelt ständig hervorbringen.
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