@genofire
ich bin für ein abgetrenntes Netzwerk für Kinder mit hoher Moderator und ethischen Standards
Es ist in der Vergangenheit immer wieder versucht worden, ein Jugendschutzkennzeichen für alle Inhalte im Internet einzuführen. Das ist auf viele Weisen gescheitert.
Rechtlich scheitert es daran, daß unbewertete Inhalte per Default als "ab 18" angesehen werden müssen, aber man Menschen nicht zwingend kann, ihre Inhalte einzustufen oder so niedrig wie möglich einzustufen.
Ich bin ja im Zweifel haftbar, wenn ich mein Zeugs als "ab 12" markiere und es dann von einem Richter als "ab 16" eingestuft wird, weil einer schreit und sich traumatisiert wird. Ich kann mich also nur absichern, indem ich konserativ urteile, was gleichbedeutend ist mit nix tun – der Default muß ja "ab 18" sein.
In traditionellen Medien hast Du Mittler und Produktionskosten, etwa bei Filmen und Videospielen. Weil kommerzielles Interesse besteht, wollen Hersteller Reichweite, um die Kosten zu decken. Zugleich sind Mittel da, um Dinge zu bewerten und zu zertifizieren lassen.
Im Internet ist das nicht so. Es bestehen praktisch keine Produktionskosten bei dem, was ich tue. Und ich habe auch kein Interesse daran, daß meine Beiträge von "möglichst vielen Menschen" gelesen werden, sondern es reicht mir aus, wenn sie von "den richtigen Menschen" gelesen werden.
Ich habe also überhaupt kein Interesse und auch kein Budget meine Inhalte für ein Kinternet zu klassifizieren oder zertifizieren zu lassen.
Dein abgetrenntes Netzwerk wird also zwangsläufig ein durchkommerzialisiertes Walled-Garden Netzwerk mit und von Institutionen mit Partikularinteressen und Budgets werden, also genau das, was Du vermeiden willst.
Das ist keine neue Erkenntnis.
Wir haben das 1999 schon einmal für das Bundesministerium für Wirtschaft durchdekliniert:
https://blog.koehntopp.info/uploads/secorvo-studie-jugendschutz.pdf
Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet; Eine Untersuchung der Secorvo Security Consulting GmbH
im Auftrag des Projektträgers Multimedia des BMWi
Es hat seit dieser Zeit in der öffentlichen Diskussion keinen Fortschritt gegeben, genau Null. Das wird auch nicht passieren, wenn man die veränderten wirtschaftlichen Incentives und die komplett andersartige Suche nach Zielgruppen "im Internet" (genauer bei "Mediatorfreier Kommunikation") nicht berücksichtigt.
https://blog.koehntopp.info/tags/#jugendschutz
https://blog.koehntopp.info/1999/05/01/rating-does-not-work.html
(1999) Rating does not work , eine persönliche Aufarbeitung meiner Erkenntnisse aus meiner Mitarbeit bei der o.a. Studie
https://blog.koehntopp.info/2010/01/26/ab-18.html
(2010) Ab 18
Jugendschutzkennzeichen für Inhalte im Netz werden diskutiert
https://blog.koehntopp.info/2012/03/05/b-wie-verzweiflung.html
(2012) IDEM, aber mit Ausnahmen für Blogs.
https://blog.koehntopp.info/2024/01/16/jusprog-ist-nur-der-anfang.html
(2024) Idem, aber 25 Jahre später.
EIGENTLICH geht es darum, einen Personalausweis bei der Anmeldung zum Internet verpflichtend zu machen. Der Jugendschutz, Sperren und dergleichen mehr sind auch nicht wirklich das Interesse, die Stoßrichtung zielt eigentlich auf eine globale Identifizierung aller Benutzer, der Rest ist nur Rechtfertigung.
Das sehen wir unter anderem daran, daß wir alle das Internet sehr mehr als einer Generation komplett ohne Jugendschutz nutzen und im Grunde recht gut klarkommen, während es in der Diskussion im den ach so wichtigen Jugendschutz im Netz genau keine Weiterentwicklung irgendeiner Position gibt (obwohl die wirtschaftlichen und technischen Wirk-Kräfte es offensichtlich machen, daß traditioneller deutscher Verbotsjugendschutz systematisch unwirksam sein muß).
@phreaknerd @kaffeeringe @hanghuhn