Eigentlich hätte man von SP-Bundesrat Beat Jans eine andere Reaktion erwartet.
Eine andere Reaktion auf etwas, das sehr sperrig klingt, aber von grosser Bedeutung ist: auf die Vernehmlassung zur Revision der Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, kurz #Vüpf. Diese ist am 6. Mai zu Ende gegangen.
Wie ich bereits schon mal schrieb, wirkte die revidierte Verordnung damals so, als sei sie vom Kreml geschrieben worden. Sogar international sorgte sie für Aufruhr.
Wenig überraschend war der Tenor der Vernehmlassungsantworten vernichtend: Bis auf eine Mehrheit der Kantone lehnten sämtliche Parteien und Verbände die Revision ab – inklusive SVP und Economiesuisse.
Die schriftliche Antwort des Bundesrats war ernüchternd und entspricht 1:1 den Talking Points des Diensts ÜPFs. Diese enthalten so viele Falschaussagen, dass wir hier einen sehr kurzen Faktencheck vornehmen müssen. Vor allem betreibt Bundesrat Jans ein geschicktes irreführendes Framing.
Jans schreibt sinngemäss: Nichts ändert sich. Nur wenige Unternehmen erhalten neue Pflichten.
Doch mit der neuen Verordnung hat das Justizdepartment de facto das Gesetz auf eine Weise ausgeweitet, die nichts mehr mit dem ursprünglichen Wortlaut zu tun hat.
Tausende von Schweizer IT-Firmen müssten demnach eine Identifizierungspflicht einführen. Sämtliche digitalen Dienste mit mindestens 5000 Nutzerinnen –egal ob sie E-Mail, Cloud, VPN oder Chat anbieten – müssten derart viele persönlichen Daten speichern, die gar nicht nötig wären für die täglichen Transaktionen. Nur China, Russland und der Iran kennen ähnliche Internet-Gesetze. Diese Bestimmung hat ausserdem nichts mehr mit dem Bundesgesetz zu tun: Denn dort ist «von grosser wirtschaftlicher Bedeutung» und «grosser Benutzerschaft» die Rede.
Doch Jans erwähnte diese neu eingeführte Kategorie mit keinem Wort. Und redet stattdessen «nur» von den Unternehmen, die über 100 Millionen Nutzer haben. Und selbst hier gibt es einen fundamentalen Paradigmenwechsel: Bis heute gilt eine vom Parlament gewollte Trennung zwischen Internetanbieter wie Swisscom und Kommunikationsdiensten wie #Proton Mail.
Diese haben unterschiedliche Überwachungspflichten. Nun werden diese beiden Kategorien fast gleichgestellt, wie Jans indirekt einräumt: Er sagt dass Dienste wie Proton nicht mehr als Kriminelle missbraucht werden. Damit sagt er auch inoffiziell: Protons Pflichten würden auf jeden Fall hochgestuft und denjenigen von Swisscom gleichgesetzt. Dies bedeutet das volle «Programm»: Echtzeitüberwachung, Lokalisierung, Randdatenspeicherung auf Vorrat.
Digitalpolitiker Dominik Blunschy hält wenig von der Antwort des Bundesrats: «Ich denke, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.» Schliesslich sind auch die Signale des Parlaments klar. In Zeiten geopolitischer Turbulenzen fordern Politikerinnen eine Stärkung der digitalen Souveränität und damit auch der hiesigen IT-Industrie. Und keine Schwächung.
https://republik.ch/2025/06/12/bab-beat-jans-schwache-antwort-der-staenderat-will-die-regeln-fuer-waffenexporte-lockern-und-svp-glarner-verbreitet-einmal-mehr-fake-news