Es ist ja toll, dass nun der x-te "berührende Familienfilm" über ein autistisches Kind in die Kinos kommt, der "für Verständnis wirbt" und "die Welt aus der Perspektive des Betroffenen zeigt". Und ich bin überzeugt von den guten Absichten der Macher dieses weiteren Beitrags zur Reihe.

Aber wir hatten jetzt jahrzehntelang solche Filme und TV-Serien, ohne dass die #Inklusion in der Realität signifikant besser geworden wäre.

Die deutsche Gesellschaft will das Thema #Autismus offenbar lieber als Misery Porn genießen, anstatt sich zu ändern.

Es gibt zum Beispiel immer noch keine vernünftige institutionelle Unterstützung für Autisten im deutschen Schulsystem. Es ist alles abhängig vom Engagement einzelner, die bereit sind, sich auf autistische Schüler einzulassen, und man muss Glück haben, auf solche Lehrer und Schulleiter zu treffen. Im Jahr 2025 ist der Umgang mit neurodivergenten Schülern nicht einmal Teil der Standard-Ausbildung von Lehrern.

https://www.jugend-filmjury.com/film/gruesse_vom_mars

Grüße vom Mars

Tom ist Autist und nimmt die Welt intensiver als andere wahr und braucht deshalb mehr Struktur im Leben.

Jugend Filmjury - Filmtipps für 5 bis 14-jährige

In der Realität sieht es dann so aus:

Lehrer an der Regelschule sind schlecht vorbereitet auf Schüler mit Förderbedarf. Es ist nicht Teil ihrer Ausbildung, mit #Autismus, #ADHS oder anderen Besonderheiten umzugehen. Es gibt natürlich Fortbildungen, aber die Lehrer müssen aus eigener Motivation hier Kompetenz aufbauen. Die Institution Schule belohnt sie nicht dafür.

Es wird von Autisten erwartet, dass sie sich in diese Regelschule einfügen. Genau dies fällt einigen schwerer als anderen, selbst wenn sie es doch wollen! Für diese gibt es dann keine autismus-spezifische Schule, um sie aufzufangen.

Förderschulen wurden geschwächt.

Home-Schooling ist in Deutschland mit nachvollziehbar guter Absicht aus Angst vor Extremisten verboten. Selbst dann, wenn medizinische Gründe vorliegen und die Familie eine funktionierende Infrastruktur abseits von Evangelikalen und Reichsbürgern vorweisen kann.

Webschule wird dann die letzte Möglichkeit vor dem Rausfall aus dem Schulsystem. Diese ist aber schwer zu kriegen, die Behörden machen das eher ungern. Der Schüler muss erst einmal nachweislich jahrelang gelitten haben, um die Erlaubnis dafür zu erhalten.

Kinder müssen in unserer Gesellschaft erst jahrelang am #Schulsystem leiden, bevor sie eine geeignete Lösung aufsuchen dürfen.

https://webindividualschule.de

Startseite | web-individualschule

"30 Prozent der Lehrkräfte, die inklusiv unterrichten, haben vorher nicht an einer entsprechenden Fortbildung teilgenommen. Fast die Hälfte hat keine sonderpädagogischen Kenntnisse, und bei zwei Dritteln war Inklusion den Angaben zufolge nicht Teil der Lehrkräfteausbildung."

https://www.spiegel.de/panorama/bildung/inklusion-lehrerverband-spricht-wegen-mieser-bedingungen-von-demotivationsstrategie-a-fc199083-067c-47c1-8ce5-e31b368194d1

Umfrage zur Lage an den Schulen: Miese Bedingungen – Lehrer sehen Inklusion in der Praxis kritisch

Die Mehrheit der Lehrkräfte findet Inklusion grundsätzlich richtig – allerdings nicht unter den gegenwärtigen Umständen. Das zeigt eine aktuelle Umfrage. In einigen Bereichen sind die Defizite demnach besonders groß.

DER SPIEGEL

@hzulla Als vor ca. 20 Jahren die Idee inklusiver [Regel-] Schule in D Fuss fasste, und ich das über meine Nichten mitbekam [nicht sie, sondern Mitschüler:innen mit Behinderungen], fiel mir bereits auf, wie sehr wir Inklusion als Behindertenquote nutzten.

Unser [Feudalismus nachbauendes] Schulsystem ist schlicht nicht geeignet, inklusiv zu sein - überhaupüt nicht. Auch nichtbehinderte Schüler:innen fallen raus. Weil das System als Sieb gedacht ist, nicht als Bildung.

@hzulla So much this. Leider gibt's sogar Psychotherapeuten, die nicht mehr als die ICD-10-Diagnose-Kriterien kennen. "Sie können kein Autismus haben, sie können sich ja mit mir normal unterhalten."
@ela @hzulla hab ich auch schon so gehört, verbatim.

@hzulla

Wenn ich hier auch bei vielen zustimme, aber "Standard" Ausbildung ist für mich hier nicht sinnführend.

Personen aus dem #Autismus Spektrum sind so unterschiedlich, das so eine "Standardausbildung", meiner Meinung nach, am Ziel vorbei geht. (Gießkanne)

Mit meinen Erfahrungen aus dem Autismussprektrum (jugendlich ab 16 bis 24), wäre der erste Ansatz im Schulsystem, nicht den Rechenweg zu benoten/bewerten sondern das Ergebnis.

Das würde weniger Geld kosten, und der erste Tropfen auf den heißen Stein sein.

P.S. in OÖ gibt es eine Organisation, welche institutionelle Unterstützung anbietet.

@eyesonly ich musste jungen Lehrern (= relativ frisch aus der Ausbildung) erklären, was Autismus überhaupt ist, und ihnen Lehrer-Material zum Thema zukommen lassen. Deren Kenntnisstand war "es gibt da diesen Film - Rain Man, nicht wahr?"

@eyesonly es ist nun einmal Mist, wenn Du in Deutschland

- zunächst die Förderschulen schwächst, mit der Ankündigung, dass Inklusion wann immer möglich künftig an der Regelschule stattfinden soll, was ja ein begrüßenswertes Ziel ist,

- und dann den Pädagogen im Rahmen ihrer Ausbildung nicht von Anfang an das notwendige Handwerkzeug aus der Förderpädagogik gibst.

So sieht es für die Betroffenen heute als Etikettenschwindel so aus, dass man vor allem aus Kostengründen die
Bedeutung der Förderpädagogik im Schulsystem reduziert hat, aber eben nicht, um darüber die #Inklusion zu verbessern.

@hzulla Und dann sitzen auch noch mehr als 30 Kinder in der Klasse, die komplett durchgedreht vom unkontrollierten, ungehemmten 24 Stunden Medienkonsum die akustische und emotionale Hölle ausrufen. Ein besonders gutes Umfeld für Kinder und Jugendliche mit Abweichungen im Autismusspektrum. @eyesonly

@hzulla
Und vermutlich auch, dass es autistische SchülerInnen an Regelschulen gibt.
Ich habe, quasi direkt aus dem bayerischen Lehramtsstudium, mal die Aussage "Autisten? Ja, solche gibt es, aber mit denen werden sie nichts zu tun haben." zitiert bekommen.
😱

Mal ganz abgesehen davon, dass Kim Peek, welcher quasi die Vorlage für "Rain Man" war überhaupt kein Autist war.
@eyesonly

@mythlfrythtyg @eyesonly

"Rain Man" war erkennbar gut gemeint und hatte das Herz am richtigen Fleck, aber der Film ist schlecht gealtert. Es gibt bessere Repräsentation von Autismus in den Medien heute.

@hzulla @eyesonly
Ist ja auch nicht so, als ob "Rain Man" absolut 0,0 und gar nichts mit Autismus zu tun hätte. Aber die dem Ganzen zugrunde liegende reale Person Kim Peek war nun einmal kein Autist.
Hier hatte mal jemand einen etwas ausführlicheren Text dazu verfasst:
https://dasfotobus.wordpress.com/2019/07/21/rain-man-autismus-und-inselbegabungen/

Ich selber hab aktuell noch einen "OL-Kater" von gestern und täte eigentlich gut daran Löffel wieder aufzuladen.

Rain Man – Autismus und Inselbegabungen

Das Problem für Autisten an Rain Man ist, dass der Charakter Raymond ein autistischer Savant ist. Die Figur Raymond Babbitt soll laut Film also tatsächlich ein Autist sein. Dustin Hoffman hat sich,…

dasfotobus

@hzulla

In meinen Falle habe ich mich (weil ich wusste es kommen nun 3 Personen aus dem Autisten Spektrum zu mir) selbst um die Infos gekümmert, bzw. wurden mir zur Verfügung gestellt.

Und ja, RainMan und diverse Filme/Dokumentation haben halt auch das an sich, das sie immer nur auf einen Teil des Spektrums (Inselbegabung z.b.) blicken.

Heuer hatte ich 5 Personen, keiner mit Inselbegabung, unterschiedliche Ausprägungen (Lärm, Kommunikation,...), so unterschiedlich, aber so schön zu beobachten, auf welche Art sie versucht haben Lösungen zu schaffen.

@eyesonly @hzulla Erst bauen wir im Rahmen der Inklusion besondere Förderungen ab. Dann bauen wir sie im Regelbetrieb nicht auf. Die betroffenen sitzen dann irgendwann ohne Hilfe zu Hause, vereinsammen. Wir reden von Selbstbestimmung und "Recht auf Verwahrlosung", niemand kann zu seinem Glück "gewungen" werden.
Früher(tm), also nicht ganz früher, haben wir auf Schwächere mal aufgepasst.
#sterbenerKapitalismus oder #sterbenImKapitalismus.

@andreas_tengicki @hzulla

Kostet halt Geld, ohne Ertrag dafür zu bekommen (wirklich?), deswegen setzen wir sie auf eine Liste damit sie schneller aussortiert werden können, ....

@eyesonly @hzulla Ertrag spielt bei Solidarität keine Rolle. Als ob nicht genug Geld da wäre. (Hier Zitat Heiner Geißler einfügen.)

@hzulla

Danke! Ich erlebe das leider ähnlich:

Es ist alles gut, solange sich die Kinder anpassen. Warum fragen so wenige, wie sich die #Schule anpassen kann?

Auch noch gängige Praxis: Auf das Verhalten Neurodivergenter nur mit Strafen zu reagieren. Also ob die 35. Strafarbeit dem ADHS-Kind helfen würde, seine Impulse besser zu kontrollieren!

Leider reflektieren auch nur wenige, was das auf Dauer mit diesen Kindern macht…

#FediLZ #Inklusion #neurodivergent