Koalitionspläne zu Strafen bei Gruppenvergewaltigungen werden missverstanden

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Politik

Koalitionspläne zu Strafen bei Gruppenvergewaltigungen werden missverstanden

Eine Passage im Koalitionsvertrag der Union und SPD zur Bestrafung von Gruppenvergewaltigungen sorgt online für Empörung: Die Koalition wolle Täter zukünftig nur dann härter bestrafen, wenn das Opfer schwanger werde, wird behauptet. Wir erklären, warum das so nicht stimmt und warum es trotzdem Kritik an den Plänen gibt.

von Paulina Thom

21. Mai 2025

Pläne der Koalition aus CDU/CSU und SPD zum Strafrahmen bei Gruppenvergewaltigungen – besonders bei jenen, die zu einer Schwangerschaft führen – werden online falsch interpretiert (Symbolbild: Silas Stein / DPA / Picture Alliance)

Hinweis: In diesem Artikel geht es um die strafrechtliche Bewertung von schweren Sexualstrafdelikten wie Vergewaltigungen. Konkrete Fälle schildern wir in diesem Text nicht. Wer Hilfe bei sexualisierter Gewalt sucht, kann sich unter anderem an den Weißen Ring wenden. 

Im April einigten sich CDU/CSU und die SPD auf einen Koalitionsvertrag. Eine Passage zum Strafmaß von Gruppenvergewaltigungen wird seither online laut diskutiert. Der AfD-Politiker Dennis Hohloch behauptet auf Instagram, die Koalition wolle Gruppenvergewaltigungen nur härter bestrafen, wenn das Opfer schwanger werde. Mit Kondom könnte die Strafe niedriger ausfallen. Seine Parteikollegin und Europaparlamentsabgeordnete Mary Khan schrieb zu einem Video auf Tiktok, Merz plane eine „Strafmilderung bei Gruppenvergewaltigung“. Und in einem Facebook-Reel von „Lukreta“ – einer rechtsextremistischen Initiative für „Frauenrechte“, hinter der die Influencerin Reinhild Boßdorf steckt, ehemaliges Mitglied der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ – heißt es, bei Gruppenvergewaltigungen solle der Strafrahmen nur dann erhöht werden, wenn potenziell eine Schwangerschaft herbeigeführt werde. 

Wir haben mit Juristinnen und Juristen über den Passus und die Rechtslage gesprochen. Welche Strafen gibt es bei Gruppenvergewaltigungen und was hat die Koalition vor?

Die rechtsradikale Initiative „Lukreta“ interpretiert eine Passage aus dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD über den Strafrahmen bei Gruppenvergewaltigungen auf Facebook falsch (Quelle: Facebook; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Verwirrung um Formulierung zu Strafmaß bei Gruppenvergewaltigungen 

Zunächst zur Formulierung, um die es geht: „Für Gruppenvergewaltigungen wollen wir den Strafrahmen grundsätzlich erhöhen, insbesondere bei gemeinschaftlicher Tatbegehung, bei Vergewaltigung und bei Herbeiführung einer Schwangerschaft“ – so steht es im Koalitionsvertrag der CDU/CSU und SPD. 

Die Formulierung sorgte online für Verwirrung und sogar unter Rechtsexperteninnen für Erklärungsbedarf. Schließt eine Gruppenvergewaltigung nicht automatisch mit ein, dass sie gemeinschaftlich begangen wird und es sich um eine Vergewaltigung handelt? 

Elisa Hoven, Rechtswissenschaftlerin an der Universität Leipzig und Richterin am sächsischen Verfassungsgerichtshof schreibt uns, den Begriff „Gruppenvergewaltigung“ gebe es so nicht im Strafgesetzbuch. Umgangssprachlich spreche man von einer Gruppenvergewaltigung, wenn beide Sätze des Paragraph 177 „Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung“ Absatz 6 des Strafgesetzbuches zutreffen würden:

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1. der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder 2. die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

Laut Mohamad El-Ghazi, Rechtswissenschaftler an der Universität Trier, lasse sich der Satz im Koalitionsvertrag nicht ganz widerspruchsfrei auflösen. Grundsätzlich stimme es, dass eine „Gruppenvergewaltigung“ nur gemeinschaftlich verübt werden könne. Unter eine gemeinschaftliche Tatbegehung würden im entsprechenden Strafrechtsparagrafen aber auch andere sexuelle Handlungen fallen. 

Wie die bisherigen strafrechtlichen Regelungen bei einer Gruppenvergewaltigung sind

Solche besonders schweren Fälle haben eine Mindeststrafe von zwei Jahren. Die Höchststrafe liegt bei 15 Jahren. „Das heißt, in diesen Fällen kann ein Gericht auch schon jetzt die höchste zeitliche Freiheitsstrafe verhängen, die das deutsche Strafrecht vorsieht. Schlimmer wäre nur die lebenslange Freiheitsstrafe“, erklärt uns El-Ghazi. 

Eine Untersuchung aus 2024 zu Sexualdelikten generell, an der auch Hoven von der Universität Leipzig mitwirkte und die insgesamt 86 Urteile aus den Jahren 2016 bis 2020 analysierte, konnte allerdings zeigen: Sämtliche Strafen befinden sich im unteren Drittel des Strafrahmens.

Formulierung im Koalitionsvertrag lässt nicht auf Strafmilderung bei Gruppenvergewaltigung ohne Schwangerschaft schließen 

Soviel zum Ist-Stand. Planen nun CDU/CSU und SPD – wie online etwa von AfD-Europaabgeordneter Kahn behauptet – tatsächlich eine „Strafmilderung bei Gruppenvergewaltigung“, nämlich dass sie ohne Schwangerschaft „in Zukunft weniger hart“ bestraft werde? 

„Nein, das kann man aus der Formulierung im Koalitionsvertrag ganz sicher nicht schließen“, antwortet uns El-Ghazi. Auch Hoven erklärt uns, man könne der Formulierung nicht entnehmen, dass es in Zukunft zu einer Absenkung des Strafrahmens in Fällen ohne Schwangerschaft kommen solle. „Schließlich werden für diese Fälle Strafschärfungen vorgesehen – das impliziert naturgemäß keine Absenkung bei anderen Fällen.“

Anders formuliert heißt das also: Nur weil dieser bestimmte Fall härter bestraft werden soll, heißt das nicht, dass andere Fälle milder bestraft werden sollen.

Kommt es nach einer Vergewaltigung zu einer Schwangerschaft, müssten Gerichte schon heute schärfer bestrafen, erklärt El-Ghazi, und nicht nur dann: „Allein schon der Umstand, dass von der Tat die Gefahr einer Schwangerschaft oder auch der Übertragung von Krankheiten (vor allem ohne Präservativ) ausgeht, kann und muss schon heute in der Regel straferschwerend berücksichtigt werden.“ 

Bei einer Vergewaltigung ein Kondom zu verwenden, ist kein strafmildernder Grund

Der Post von AfD-Politiker Dennis Hohlochs mit der Formulierung „Mit Kondom weniger Strafe?!“ ist ebenfalls irreführend. „Wir bestrafen den Täter, der kein Präservativ bei seiner Tat verwendet, in der Regel schwerer“, erklärt El-Ghazi, „Es verhält sich aber keinesfalls so, dass wir den Täter, der ein solches Präservativ bei seiner Tat nutzt, milder bestrafen.“ Das bedeutet: Kein Kondom zu verwenden ist zwar ein Strafschärfungsgrund – ein Kondom zu verwenden, aber nicht im Umkehrschluss ein strafmildernder Grund. Dass sich das ändern soll, ist aus dem Koalitionsvertrag nicht abzuleiten.

In ein fixes, einheitliches System gegossen ist all das nicht. Catharina Conrad, Rechtsanwältin und Mitglied der Strafrechtskommission vom Deutschen Juristinnenbund (DJB), erklärt uns am Telefon: Grundsätzlich seien die Höhen von Strafen immer Einzelfallentscheidungen, die von einer Menge Faktoren abhängen. Man könne nicht pauschal sagen, dass eine Vergewaltigung mit einer Schwangerschaft Folge im Vergleich schärfer bestraft werden würde. Beispielsweise könne ein Täter aufgrund seiner Vorstrafen oder weil er eine Waffe verwendet, zu fünf Jahren Freiheitsstrafen verurteilt werden, ohne dass das Opfer schwanger werde. Demgegenüber könne ein Ersttäter, dessen Opfer schwanger werde, drei Jahre Freiheitsstrafe bekommen. 

Koalitionsvertrag greift Unions-Gesetzentwurf aus 2024 wieder auf, der Mindeststrafen erhöhen will

Laut Koalitionsvertrag planen die Parteien, den „Strafrahmen grundsätzlich“ zu erhöhen. Für Hoven von der Universität Leipzig lässt diese Formulierung offen, ob der Gesetzgeber nur eine Anpassung der Mindest-, der Höchststrafe oder beider beabsichtigt. Wir haben bei den Koalitionsparteien nachgefragt, erhielten auf diese Frage jedoch keine Antwort. 

Gegenüber der Schwäbischen Zeitung gab Günter Krings, rechtspolitischer Sprecher der Unions-Fraktion, jedoch an, man wolle damit ein Anliegen aus einem Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches aus dem vergangenen Jahr aufgreifen. Dieser sieht eine Änderung der Mindeststrafen vor. 

Der Kern des Vorschlags: Die „gemeinschaftliche Tatbegehung“ bei Sexualdelikten soll mit mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden, ebenso wie eine „ungewollte Schwangerschaft“ als Folge einer Vergewaltigung. Mit mindestens fünf Jahren Freiheitsstrafe soll gemeinschaftliche Tatbegehung bestraft werden, bei der es zu einer Vergewaltigung kommt. 

Kritik an Gesetzentwurf und Koalitionsplänen zu Strafverschärfungen

Die Behauptungen in Sozialen Netzwerken bleiben also auch mit Blick auf die konkreteren Vorschläge im Gesetzentwurf falsch, da Gruppenvergewaltigungen generell höher bestraft werden sollen. Wir haben allen Verbreitern die Möglichkeit gegeben, zu ihren Beiträgen Stellung zu nehmen. Khan antwortete bis zur Veröffentlichung nicht, Hohloch und die Initiative „Lukreta“ gingen auf unsere Anfrage inhaltlich nicht ein.

Insgesamt fallen die Reaktionen von Expertinnen und Experten auf den Gesetzentwurf und den Plan im Koalitionsvertrag durchmischt aus, es überwiegt aber Kritik:

Elisa Hoven schreibt uns, grundsätzlich seien Strafrahmenverschärfungen „ein geeignetes Mittel, um das Sanktionsniveau in der Praxis anzuheben“. So sieht es auch Jörg Eisele, Rechtswissenschaftler an der Universität Tübingen. Die Union benannte Eisele als Sachverständigen zu einer Stellungnahme des Gesetzentwurfs. „Durch den Strafrahmen bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, wie er die Schwere des Delikts – auch im Verhältnis zu anderen Straftaten – einordnet“, schreibt Eisele darin. 

Auch El-Ghazi hält eine Erhöhung der Mindeststrafe bei einer Gruppenvergewaltigung mit einem Eindringen in den Körper für „rechtlich nachvollziehbar und vertretbar“, zugleich zweifelt er an dem Nutzen: „Die Gerichte haben schon jetzt alle Möglichkeiten, um auf schwere Begehungsweisen wie Gruppenvergewaltigungen auch mit der notwendigen Härte des Gesetzes zu reagieren.“ Damit meint er die möglichen hohen Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren. 

Keine Belege, dass höhere Strafen weniger Straftaten nach sich ziehen

Ähnliche Kritik äußerten Dilken Çelebi und Catharina Conrad vom Deutschen Juristinnenbund, die von der SPD und den Grünen als Sachverständige benannt wurden. Es stimme nicht, dass der bisherige Strafrahmen das Unrecht nicht ausreichend erfasse, da es möglich sei, hohe Freiheitsstrafen zu verhängen, heißt es in ihrer Stellungnahme. Dass sich „die verhängten Strafen ganz überwiegend im untersten Bereich des vorgesehenen Strafrahmens bewegen“, solle stattdessen mit verstärkter Sensibilisierung begegnet werden, also etwa verpflichtenden Fortbildungen. Conrad sagt uns am Telefon: „Wichtiger als den Strafrahmen zu erhöhen, ist, dass der Strafrahmen, der schon da ist, von den Gerichten auch genutzt wird.“

Die geplanten Strafschärfungen seien zudem symbolhaft, da kriminologische Erkenntnisse zeigten, dass sie nicht den erwünschten abschreckenden Effekt erzielten, schreiben Çelebi und Conrad. Letzterem schloss sich auch der von der FDP benannte Sachverständige Jörg Kinzig, Rechtswissenschaftler und Kriminologe von der Universität Tübingen, in seiner Stellungnahme an: Für die Richtigkeit einer Gleichung „höhere Strafen = weniger Straftaten“ gebe es keine Belege. 

Verschiedene Ansichten auch im Hinblick auf Strafschärfung durch Schwangerschaft als Tatfolge

Wir haben bei der CDU, der SPD und dem Bundesjustizministerium (BMJV) nachgefragt, warum der Strafrahmen bei der „Herbeiführung einer Schwangerschaft“ gesondert erhöht werden soll. Von der CDU erhielten wir keine Antwort, das BMJV antwortet uns, man prüfe derzeit, wie die Vorgaben aus dem Koalitionsvertrag zu sogenannten Gruppenvergewaltigungen am besten umgesetzt werden können. Ddie SPD verwies auf ein Statement ihrer stellvertretenden rechtspolitischen Sprecherin Carmen Wegge: Jede Vergewaltigung sei ein massiver Angriff auf die Würde und Unversehrtheit eines Menschen – unabhängig von den Folgen, so Wegge. „Gleichzeitig sieht unser Strafrecht systematisch vor, besonders schwere Folgen – wie etwa eine daraus resultierende Schwangerschaft – im Strafmaß zu berücksichtigen.“ 

Auch diesbezüglich gehen die Ansichten der Fachleute auseinander: Eisele von der Universität Tübingen hält den Schritt in seiner Stellungnahme aufgrund der „schwerwiegenden psychischen Auswirkungen auf das Tatopfer“ für „durchaus plausibel“. Die Rechtswissenschaftlerinnen Hanna Welte und Patricia Geyler nennen die Strafschärfung in einem Artikel des Verfassungsblogs „grundsätzlich begrüßenswert“, merken aber an, dass die Regelung zu unangemessenen Ergebnissen führen könne, da sie von Faktoren außerhalb der Kontrolle des Täters abhänge, etwa wenn das Opfer verhüte oder aus biologischen Gründen nicht schwanger werden könne. 

Sie kritisieren zudem, dass der Koalitionsvertrag nur auf die Sanktionierung des Täters ziele und gleichzeitig der Abtreibungsparagraph 218a bestehen bleibe. Laut diesem sind Schwangerschaftsabbrüche – auch nach einer Vergewaltigung – rechtswidrig, wenngleich diese unter bestimmten Voraussetzung straffrei bleiben. Diese Kritik teilen auch Çelebi und Conrad vom DJB in ihrer Stellungnahme. 

Mitarbeit: Sarah Thust

Redigatur: Gabriele Scherndl, Matthias Bau, Sophie Timmermann 

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Koalitionsvertrag CDU/CSU und SPD, 21. Legislaturperiode: Link (archiviert)
  • Strafgesetzbuch: Link (archiviert) 
  • Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches und weiterer Gesetze – Verbesserung des Opferschutzes, insbesondere für Frauen und verletzliche Personen der CDU/CSU-Fraktion, 2. Juli 2024: Link (archiviert)

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Author: Paulina Thom

#Gruppenvergewaltigungen #koalitionsplane #missverstanden #strafen #werden

Aussage von Ex-EU-Kommissar Thierry Breton missverstanden: EU könnte Wahl in Deutschland nicht annullieren

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Am 23. Februar sind Bundestagswahlen. Wie oft im Vorfeld von Wahlen kursieren bereits zahlreiche Falschmeldungen. So verbreitete sich Ende Dezember die Behauptung, der amtierende Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe gesagt, die Wahl könne annulliert werden, wenn eine „falsche“ oder eine rechte Partei gewinnt. So hat sich Steinmeier nicht geäußert.

Eine Behauptung, die in die gleiche Kerbe schlägt, macht seit Mitte Januar 2025 international die Runde – etwa in französischer, englischer und deutscher Sprache. In teils tausendfach geteilten Beiträgen auf Facebook, X und Tiktok heißt es, Thierry Breton habe mit der Annullierung der Bundestagswahl gedroht und dabei auf die Annullierung der Rumänien-Wahl verwiesen, bei der die EU involviert gewesen sei. Etwas abgewandelt heißt es andernorts, der ehemalige EU-Kommissar für den Binnenmarkt und digitale Dienste habe gesagt, „dass die EU über Mechanismen verfügt, um einen möglichen Wahlsieg der AfD zunichte zu machen“. 

Die Beiträge interpretieren eine Aussage von Breton falsch. Wie er wenig später auf X klarstellte, kann die EU keine Wahlen in Mitgliedstaaten annullieren. Worauf sich Breton bei seiner Aussage bezog, wer eine Wahl in Deutschland annullieren kann und was Elon Musk damit zu tun hat, erklären wir im Faktencheck.

In verschiedenen Ausprägungen verbreitet sich online die falsche Behauptung, der ehemalige EU-Kommissar Thierry Breton habe gesagt, man sei dazu bereit, die Wahl und einen möglichen AfD-Sieg in Deutschland zu annullieren (Quelle. X; Screenshots: CORRECTIV.Faktencheck).

Interview von Breton wird verdreht, es ging um die Anwendung des DSA 

Mehrere Beiträge verlinken als vermeintlichen Beleg einen kurzen Interviewausschnitt. Breton sagt darin auf Französisch: „Im Moment sollten wir einen kühlen Kopf bewahren und unsere Gesetze in Europa durchsetzen. Denn es besteht das Risiko, dass sie umgangen werden könnten und es, wenn sie nicht durchgesetzt werden, tatsächlich zu Störungen kommen kann. Das wurde in Rumänien gemacht und muss natürlich auch in Deutschland gemacht werden, wenn es notwendig ist.“

Behauptung über Breton wird international missinterpretiert

Der Account Visegrad24, der schon häufiger mit Desinformation auffiel, setzte am 11. Januar einen X-Beitrag mit der Behauptung ab, Thierry Breton habe gesagt, die EU habe „Mechanismen, um einen möglichen Wahlsieg der AfD zu verhindern“. Elon Musk griff diesen auf und nannte Breton einen „Tyrannen Europas“. Sein Beitrag wurde mehr als 20 Millionen Mal angezeigt. Auf diesen reagierte Breton mit einer Klarstellung, dass die EU keine Mechanismen habe, um Wahlen in Mitgliedstaaten zu annullieren. Er habe sich auf die Anwendung des Gesetzes über Digitale Dienste, dem DSA, bezogen. 

Mit Überschriften wie „Monsieur Größenwahn: EU macht notfalls Bundestagswahl rückgängig“ und „Früherer EU-Kommissar Thierry Breton: Bundestagswahl muss annulliert werden“ verzerrten auch der Blog Achgut und das rechtspopulistische Internetportal Nius die Aussage Bretons. Auf Nachfrage schreibt Achgut, es sei „offensichtlich, dass Breton einen Zusammenhang zwischen dem DSA und der Annullierung der Wahlen in Rumänien hergestellt habe, und dass die EU das, was sie in Rumänien ‘getan’ hat, auch in Deutschland ‘tun’ wird, falls ‘notwendig’“. Damit sei eindeutig die Anwendung des DSA gemeint, die „nach Bretons eigener Aussage bis zur Annullierung von Wahlen führen kann“. Bretons Klarstellung auf X, die vor Erscheinen des Achgut-Artikels entstand, wird dabei nicht beachtet. Nius antwortete nicht auf eine Anfrage. 

Die Podcaster „Hoss und Hopf“, deren Inhalte sich in der Vergangenheit mehrfach irreführend verbreiteten, sprachen in einer Folge vom 12. Januar ebenfalls davon, dass „Breton sagt, dass sie bereit sind, die Wahlen in Deutschland zu annullieren, sollten Parteien drankommen, die wir so nicht wollen“. Auf eine Nachfrage antworteten sie nicht.

Die Berliner Zeitung titelte in einem Artikel vom 11. Januar: „Früherer EU-Kommissar droht, Bundestagswahl zu annullieren“. Auf Nachfrage korrigierten sie diese Darstellung.

Das Video im Netz trägt oben rechts das Logo des französischen TV-Senders RMC. Mit einer Stichwortsuche nach RMC und Worten aus diesem Ausschnitt findet sich das Original. Am 9. Januar war Thierry Breton in der französischen Fernsehsendung „Apolline Matin“ zu Gast – das war kurz vor dem Gespräch zwischen der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel und dem Tech-Milliardär Elon Musk auf X (unseren Faktencheck dazu gibt es hier). Darum geht es zunächst auch in dem Interview.

Das Interview von Thierry Breton am 9. Januar 2025 in einer französischen Fernsehsendung wird falsch wiedergegeben. Um eine Annullierung der Wahlen in Deutschland ging es nicht (Quelle: rmc.bfmtv.com; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck).

Breton sagt, Musk habe „das Recht zu denken, was er will, zu sagen, was er will“, auch wenn er das manchmal überzogen tue. Aber in dem Moment, in dem er in Europa agiert, „regulieren wir“. Man werde alle Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass er sich an das Gesetz halte. Wenn er sich nicht daran halte, drohten unter anderem Geldstrafen.  

Bei den Regeln, an die sich Tech-Plattformen halten müssen, bezieht sich Breton auf das Gesetz über Digitale Dienste (kurz DSA). Im Rahmen des DSA müssen sehr große Online-Plattformen wie Meta, Tiktok oder X gegen illegale Inhalte vorgehen und Maßnahmen zur Eindämmung von Desinformation ergreifen. Breton gestaltete als damaliger EU-Kommissar für den digitalen Binnenmarkt das Gesetz maßgeblich mit. Er und Elon Musk legten sich in diesem Zusammenhang immer wieder öffentlich miteinander an

Nach Wahl in Rumänien: EU-Kommission leitete Verfahren gegen Tiktok ein 

Im entscheidenden Teil des Interviews geht es aber nicht primär um Musk und X, sondern um Rumänien und Tiktok. Breton sagt, Tiktok stehe im Verdacht, „dass es benutzt wurde, manipuliert wurde, um sich in die Wahlen in Rumänien einzumischen“. 

Der prorussische Politiker und Nationalist Călin Georgescu hatte Ende November den ersten Wahlgang in Rumänien gewonnen – dabei soll er aus Russland unterstützt worden sein und dadurch unter anderem eine große Präsenz auf Tiktok erreicht haben. In dem Zusammenhang leitete die EU-Kommission ein Verfahren gegen Tiktok ein, um mutmaßliche Verstöße im Rahmen des DSA zu untersuchen, konkret, ob Tiktok ausreichende Maßnahmen zur Integrität der Wahlen ergriffen hat.

Breton sagt dazu – ohne weiteren Kontext des Gesprächs tatsächlich irreführend – das ginge „bis zur Ungültigkeitserklärung der Wahlen, weil wir dieses Gesetz angewendet haben“. Dabei bezog er sich laut eigener Aussage und, wie aus dem Kontext des ganzen Gesprächs deutlich wird, auf die Anwendung des DSA. Er habe sprachlich abgekürzt, „in jedem Fall sind allein die lokalen Behörden dazu befugt, endgültige Entscheidungen zu treffen, die sie für sinnvoll erachten, und nicht der DSA“, erklärte er gegenüber Medien. Fakt ist: Nicht die EU hatte den ersten Wahlgang annulliert, sondern das Verfassungsgericht in Rumänien

EU kann Wahlen in Deutschland oder anderen Mitgliedsstaaten nicht für ungültig erklären 

An keiner Stelle sagte Breton, die EU habe Mechanismen, um „einen möglichen Wahlsieg der AfD in Deutschland zu verhindern“. Auf X  machte er das Gegenteil deutlich: „Die EU hat keinen Mechanismus, um irgendeine Wahl irgendwo in der EU zu annullieren“, schrieb er dort. Die Europäische Kommission bestätigt das auf Nachfrage: „Wahlen sind und bleiben immer eine nationale Kompetenz.“ Und: „Nichts im DSA kann eine nationale Wahl annullieren. Eine solche Entscheidung wird in voller Unabhängigkeit von nationalen Behörden oder Gerichten, wie dem Verfassungsgericht in Rumänien, getroffen.“

Wir haben zudem beim Büro der Bundeswahlleiterin nachgefragt, die für die Überwachung der Bundestagswahl in Deutschland zuständig ist. Von dort heißt es ebenfalls: Die EU oder ihre Institutionen könnten eine Bundestagswahl nicht für ungültig erklären. „Nur der Deutsche Bundestag oder das Bundesverfassungsgericht können entscheiden, dass eine Bundestagswahl ganz oder teilweise ungültig ist.“

Das ist in Artikel 41 des Grundgesetzes geregelt. Jeder und jede Wahlberechtigte kann Einspruch gegen die Bundestagswahl einlegen. Das muss innerhalb von zwei Monaten geschehen. Der Einspruch landet beim Wahlprüfungsausschuss und anschließend im Bundestag. Bleibt der Wahleinspruch ohne Erfolg, kann nach dem Grundgesetz Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden.

Redigatur: Sarah Thust, Gabriele Scherndl

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Interview von Thierry Breton am 9. Januar 2025: Link (französisch)
  • Gesetz über digitale Dienste, EU-Kommission: Link
  • Grundgesetz, Artikel 41: Link 

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Author: Sophie Timmermann

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Faktencheck

Internes Behördenschreiben missverstanden: Wer ausreisepflichtig ist, wird abgeschoben

Ein Foto einer „Anweisung“ an die Bundespolizei, die keine ist, sorgt für Verwirrung im Netz. Manche sehen darin den Beweis, dass Personen nicht abgeschoben werden, wenn sie das nicht wollen. Doch so einfach ist es nicht – Abschiebungen werden selten abgebrochen, bei Widerstand droht Haft und die Abschiebung wird wiederholt.

von Steffen Kutzner

30. Oktober 2024

Bei Abschiebungen wird keine Rücksicht darauf genommen, ob die Person abgeschoben werden will oder nicht (Symbolbild: Michael Bihlmayer / Chromorange / Picture Alliance) Behauptung

Ein Foto einer Dienstanweisung aus Niedersachsen bestätige, wer nicht abgeschoben werden will, werde nicht abgeschoben. Denn in der Dienstanweisung heißt es, dass die Bundespolizei eine auszuweisende Person, wenn sich diese aktiv oder passiv der Abschiebung widersetze, auf freien Fuß setzen und eigenständig in die ihr zugewiesene Unterkunft zurückreisen lassen könne.

Aufgestellt von: Beiträgen in Sozialen Netzwerken Datum:
21.08.2024

Quelle

Bewertung

Fehlender Kontext
Über diese Bewertung

Fehlender Kontext. Das Schreiben war laut der niedersächsischen Landesaufnahmebehörde missverständlich formuliert und wurde nur einmal verschickt. Ob eine Abschiebung durchgeführt wird, entscheidet vor Ort auch die Bundespolizei. Abschiebungen müssen manchmal abgebrochen werden, etwa weil jemand aus Gesundheitsgründen flugunfähig ist oder sich heftig wehrt. Wenn eine Abschiebung scheitert, bedeutet das aber nicht, dass die Person einfach in Deutschland bleiben darf. Sie bleibt weiterhin ausreisepflichtig und die Abschiebung wird erneut eingeleitet. Die alleinige Aussage, nicht abgeschoben werden zu wollen, reicht nicht für den Abbruch aus.

„Erklärung zur eventuellen Ausreiseverweigerung“ ist der Betreff eines Briefs der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen an die Bundespolizei am Flughafen Düsseldorf. Darin findet sich ein Satz, der viele Menschen irritiert: „Wenn sich der Betroffene weigert, in das Flugzeug zu steigen, bzw. auf eine andere Art versucht, sich der Abschiebung zu widersetzen (aktiver/passiver Widerstand), kann dieser auf freien Fuß gesetzt werden und eigenständig zu der ihm zugewiesenen Unterkunft zurückreisen.“ Der Betroffene habe sich danach umgehend bei seiner Ausländerbehörde zu melden und die Bundespolizei solle die entsprechenden Unterlagen zur gescheiterten Abschiebung eben jener Behörde zusenden. 

Über das Schreiben berichtete am 21. August 2024 die : „Wer sich weigert oder wehrt, darf bei uns bleiben“, heißt es und es sei eine „unfassbare Dienstanweisung“. In Sozialen Netzwerken werden der Artikel und das Schreiben mit einem ähnlichen Tenor weiterverbreitet, etwa von Politikern und Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft DPolG. 

Wir haben bei der Bundespolizei und bei der zuständigen Behörde in Niedersachsen nachgehakt, was es mit dem Schreiben und der vermeintlichen Dienstanweisung auf sich hat. 

Wer hat die Behauptung verbreitet?

Das Schreiben wurde auch in Sozialen Netzwerken verbreitet, etwa auf X, Facebook und Telegram. Unter anderem der Bundesvorsitzende der DPoIG, Rainer Wendt, teilte das Schreiben in einem Facebook-Beitrag, der mehr als 11.500 Mal geteilt wurde. 

Mehr als 3.000 Mal wurde ein ähnlicher Beitrag von Manuel Ostermann, innenpolitischer Sprecher der Jungen Union NRW und stellvertretender Bundesvorsitzender der Polizeigewerkschaft DPoIG, auf X geteilt. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Sichert bezeichnete das Schreiben in einem X-Beitrag als „Lachnummer Deutschland“. Auch der für das Verbreiten von Desinformation bekannte Blogger Tim Kellner kommentierte es in einem Telegram-Beitrag.

Diese vermeintliche Dienstanweisung hat für einige Verwirrung gesorgt. Sie ist missverständlich und wird nicht mehr eingesetzt. (Quelle: X)

Schreiben war laut der Behörde in Niedersachsen keine Weisung und „missverständlich und unpräzise formuliert“

Grundsätzlich kommt es zu einer sogenannten „erzwungenen Rückführung“ dann, „wenn die pflichtgemäße Ausreise in der gesetzten Frist nicht freiwillig erfolgt ist, erklärt das Bundesinnenministerium auf seiner Webseite. Die Rückführung sei das letzte Mittel. Rechtliche Bestimmungen rund um die Rückführung sind im Aufenthalts- und Asylgesetz festgelegt. 

Laut einer Pressesprecherin der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen – die Behörde, die das Schreiben versendet hat – handelt es sich um ein internes Behördenschreiben, „das leider ausgesprochen missverständlich und unpräzise formuliert ist“. Es sei nur von einem einzigen Vollzugsteam für einen einzigen Fall verwendet worden, um die Bundespolizei auf die Rechtslage hinzuweisen und gleichzeitig die Daten der zuständigen Dienststelle weiterzugeben, falls es zu einem Abbruch der Abschiebung kommt. 

Es handele sich „ausdrücklich nicht um eine Weisung, grundsätzlich Personen auf freien Fuß zu setzen“, nur weil sie nicht abgeschoben werden wollen. Das Schreiben werde nicht mehr eingesetzt. Außerdem, so die Sprecherin, habe die Landesaufnahmebehörde auch gar keine Befugnis, der Bundespolizei eine solche Anweisung zu geben. Dasselbe kommunizierte die Landesaufnahmebehörde auch in einer Pressemitteilung zu dem Vorfall und spricht von einem „bedauerlichen Einzelfall“. 

Der Bild-Bericht vom 21. August 2024 wurde bis zum 30. Oktober nicht angepasst – er ist weiterhin online verfügbar. Auf Nachfrage, warum es keine Korrektur gab, verwies Unternehmenssprecher Christian Senft auf einen Folgeartikel vom 22. August. Darin wird die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens mit den Worten zitiert: „Es gibt keine Anweisung der Niedersächsischen Landesaufnahmebehörde an die Bundespolizei, Rückführungen bei Widerstandshandlungen abzubrechen.“ Auf den Kontext, dass eine gescheiterte Abschiebung kein Bleiberecht bedeutet, wird nicht näher eingegangen. Wir konfrontierten auch den DPolG-Vorsitzenden Rainer Wendt, der das Schreiben auf Facebook verbreitete. Er reagierte auf unsere Anfrage nicht und liefert keinen weiteren Kontext. 

Wir erklären im Folgenden die Rechtslage.    

Wer sich einer Abschiebung widersetzt, kommt entweder auf freien Fuß – oder in Haft

Wenn sich eine ausreisepflichtige Person, die in Deutschland in Freiheit lebt, der erzwungenen Rückkehr widersetzt oder diese anderweitig scheitert, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird die Person in Haft genommen – oder sie wird auf freien Fuß gesetzt. 

Im konkreten Fall war die Abschiebung abgebrochen worden, weil die Person Widerstand leistete, wie uns eine Sprecherin der Bundespolizei mitteilte. Die Person sei auf Anraten der Bundespolizei in Abschiebehaft genommen und wenige Tage später abgeschoben worden. 

In Haft genommen dürften ausreisepflichtige Personen nur dann, „wenn dafür ein richterlicher Beschluss vorliegt“, so die Sprecherin der niedersächsischen Landesaufnahmebehörde. Andernfalls müsse die Person „auf freien Fuß gesetzt und aufgefordert werden, sich eigenständig bei ihrer zuständigen Ausländerbehörde zu melden“. Dafür würden ihr unmittelbar alle nötigen Informationen mitgeteilt. Und eben dieser Sachverhalt sei der Gegenstand und der eigentliche Grund für das Schreiben an die Bundespolizei gewesen. Festgehalten ist das, wie auch in dem Schreiben zu lesen, in Paragraf 71.3.1.2.3. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz.

Da die Person von der zuständigen Landesbehörde am Flughafen in die Zuständigkeit der Bundespolizei übergeben werde, entscheide auch die Bundespolizei darüber, ob eine Abschiebung abgebrochen werde oder nicht, so die Sprecherin. Gründe für einen Abbruch könnten etwa ein schlechter Gesundheitszustand der Person oder Widerstandshandlungen sein. Die bloße Aussage, dass man nicht abgeschoben werden möchte, reiche dafür nicht aus. Auch ob die Widerstandshandlung zu einem Haftantrag bei Gericht führe, entscheide die Bundespolizei.

Wenn eine Person ausreisepflichtig ist und die Abschiebung scheitert, wird diese erneut eingeleitet

Wenn eine Abschiebung gescheitert ist, bedeute das folglich nicht den dauerhaften Verbleib der Person in Deutschland, so die Sprecherin der Landesaufnahmebehörde. „Die Person ist weiterhin ausreisepflichtig und die Abschiebung wird erneut eingeleitet.“ Beim zweiten Mal werde das Verhalten der Person, das zum Scheitern des ersten Abschiebeversuchs führte, berücksichtigt.

Solche Abbrüche kommen aber nicht häufig vor: Im ersten Halbjahr, bis 30. Juni 2024, wurden von den 668 Abschiebungen, die die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen durchgeführt hat, 24 wegen Widerstandshandlungen abgebrochen. In 33 weiteren Fällen führten medizinische Gründe zum Abbruch, so Jonas Hartwig von der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen.

Redigatur: Uschi Jonas, Sarah Thust

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Author: Steffen Kutzner

https://www.bachhausen.de/internes-behoerdenschreiben-missverstanden-wer-ausreisepflichtig-ist-wird-abgeschoben/

#abgeschoben #ausreisepflichtig #behordenschreiben #internes #missverstanden

Internes Behördenschreiben missverstanden: Wer ausreisepflichtig ist, wird abgeschoben

Werden Abschiebungen abgebrochen, wenn die Person nicht abgeschoben werden will? Nein, ein Foto eines Behördenschreibens hat einen anderen Hintergrund.

correctiv.org

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Ein Ausschnitt einer Rede von US-Präsident Joe Biden kursiert international auf Telegram, X, und Facebook. In dem Video hört man Biden auf Englisch sagen: „Ich weiß, dass ihr alle wisst, dass es kein Klimaproblem gibt.“ Einzelne Beiträge auf Deutsch und Englisch damit erreichten hunderttausende Aufrufe.

Nutzer sprechen von einem „überraschenden Geständnis“ Bidens, eine Nutzerin schreibt auf X: „Das eine Mal hatte er tatsächlich recht und ließ verlauten, dass der Klimaschwindel tatsächlich ein Schwindel ist.“ Doch dem Video fehlt Kontext. 

Ein Telegram-Beitrag mit einem Ausschnitt einer Rede Joe Bidens von 2022 erreichte mehr als 100.000 Aufrufe. Doch anders als behauptet, war Bidens Äußerung über den Klimawandel ein Scherz und kein „Geständnis“. (Quelle: Telegram; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Biden sagte im Anschluss: „Niemand leugnet mehr, dass wir ein Klimaproblem haben“

Der Ausschnitt kursiert seit Jahren, zum Beispiel schon 2022 auf Tiktok, doch verbreitet sich seit Oktober erneut viral. Eine Stichwortsuche mit dem Zitat führt zu einer Mitteilung vom Weißen Haus vom 4. November 2022 mit einem Transkript der Rede Bidens bei einer Veranstaltung in Carlsbad, Kalifornien. 

Darin wird der Kontext ersichtlich. Biden sagt: „Außerdem tätigen wir die bisher größten Investitionen zur Bewältigung der Klimakrise. Ich weiß, dass Ihr alle wisst, dass es kein Klimaproblem gibt. Ich weiß, dass Ihr das wisst. Deshalb habe ich viel Zeit in Arizona, New Mexico und Kalifornien verbracht und bin mit Eurem Gouverneur durch den ganzen Staat geflogen, um die Waldbrände zu sehen. Ich weiß, dass sie einfach passieren.“

Direkt im Anschluss sagt er: „Ich bitte Euch, wir sind endlich an dem Punkt, an dem niemand mehr leugnet, dass wir ein Klimaproblem haben.“ Dieser Teil fehlt in dem aktuell verbreiteten kurzen Ausschnitt. 

Das Weiße Haus veröffentlichte auch ein Video des Auftritts auf Youtube. Ab Minute 31:40 folgt der Ausschnitt, der online kursiert. Hier wird ersichtlich, dass es sich um die gleiche Veranstaltung handelt: Der farbliche Hintergrund, Anzug und die Körperhaltung sind dieselben. Nach Bidens Scherz ist Gelächter aus dem Publikum zu hören.

Das Weiße Haus veröffentlichte ein Video des Auftritts auf Youtube. Biden sprach davon, dass niemand mehr leugne, dass es ein „Klimaproblem“ gebe. (Quelle: Youtube; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Biden-Regierung verabschiedete „Inflation Reduction Act“ für Milliarden-Investitionen in Umweltinitiativen 

Wenige Monate vor der Veranstaltung, im August 2022, hatte Biden den „Inflation Reduction Act“ verabschiedet, der unter anderem 369 Milliarden US-Dollar für Umwelt- und Energiesicherheitsinitiativen vorsieht. Mit dem Gesetz setzte die Biden-Regierung sich unter anderem das Ziel, Treibhausgasemissionen in den USA bis 2030 im Vergleich zu 2005 um die Hälfte zu senken. 

Es gibt zudem etliche Veranstaltungen, in denen Biden vom Klimawandel und dessen negativen Folgen spricht. Auf einer Pressekonferenz letztes Jahr nach Hurrikan „Idalia“ sagte er: „Niemand kann mehr die Auswirkungen der Klimakrise leugnen“. 

Alle Faktenchecks und Gerüchte zur anstehenden US-Wahl finden Sie hier

Redigatur: Max Bernhard, Paulina Thom

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Transkript der Rede von Joe Biden vom 4. November 2022 in Kalifornien, White House: Link (Englisch, archiviert)
  • Video der Rede von Joe Biden vom 4. November 2022 in Kalifornien, White House: Link (Englisch, archiviert)

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Author: Sophie Timmermann

https://www.bachhausen.de/kein-klimaproblem-scherz-von-joe-biden-wird-missverstanden/

#biden #klimaproblem #missverstanden #scherz

„Kein Klimaproblem“? Scherz von Joe Biden wird missverstanden

Eine alte Bemerkung von Joe Biden, dass es „kein Klimaproblem“ gebe, verbreitet sich aktuell in Beiträgen online. Biden machte einen Scherz.

correctiv.org

Dieser Artikel stammt von CORRECTIV.Faktencheck / Zur Quelle wechseln

„Ich flippe gleich aus! Ganz Brandenburg ist blau und ZDF und ARD faseln was von ‚SPD hat gewonnen‘?“, schreibt eine Nutzerin auf X und teilt dazu eine Karte des Landeswahlleiters in Brandenburg am 22. September 2024. Darauf ist zu sehen, dass die AfD mehr Wahlkreise als die SPD für sich entscheiden konnte. Haben die Medien also fälschlicherweise die SPD statt die AfD zum Wahlsieger erklärt?

Nein, denn die Karte zeigt nicht das gesamte vorläufige Ergebnis der Landtagswahl, sondern lediglich ein Zwischenergebnis der Erststimmenmehrheit in den jeweiligen Wahlkreisen. Medien, wie die ARD und das ZDF, berichten ab 18 Uhr – nach der Schließung der Wahllokale – keine Endergebnisse, sondern zunächst Prognosen, die auf Wahlbefragungen beruhen.

Weil die AfD laut dieser Karte mehr Wahlkreise gewinnen konnte, zweifelt eine Nutzerin auf X an der Berichterstattung der Medien über die Brandenburger Landtagswahl. Doch die Karte zeigt nur ein Zwischenergebnis der Erststimmen. (Quelle: X; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Karte in Sozialen Netzwerken enthält nur Zwischenstand der Erststimmen, keine Zweitstimmen

Aus der Karte auf X ist zu lesen, dass sie die Erststimmenmehrheit abbildet. Es wird also dargestellt, welche Direktkandidatin oder welcher Direktkandidat welcher Partei nach der bisherigen Auszählung die meisten Stimmen in einem Wahlkreis erhalten hat. Was die Karte nicht abbildet, sind Zahlen zur Zweitstimme, mit der eine Landesliste gewählt wird. Sie ist für das Kräfteverhältnis im Landtag ausschlaggebender, da sie bestimmt, wie viele Sitze eine Partei anteilig im Landtag besetzen darf.

Einfacher ausgedrückt: Hat eine Partei 30 Prozent der Zweitstimmen erhalten, darf sie 30 Prozent der Sitze belegen. Zuerst werden die Sitze im Landtag mit den gewonnenen Direktmandaten über die Erststimme besetzt, danach folgen die Kandidatinnen und Kandidaten der Landeslisten. Am Ende kam die SPD in Brandenburg auf 30,89 Prozent der Zweitstimmen, die AfD auf 29,23 Prozent. 

Karte zeigt Zwischenstand der Erststimmen mehrere Stunden vor dem vorläufigen Wahlergebnis 

Weiter steht in der Karte, dass es sich um ein Zwischenergebnis von 19:28 Uhr handelt. Die Nutzerin verlinkt in ihrem Beitrag auf die Webseite des Landeswahlleiters. Dort ist die Karte so nicht mehr zu finden, denn die Webseite wird bis zum fertig ausgezählten Ergebnis ständig aktualisiert. Jedoch findet sich eine archivierte Version der Webseite von 19:19 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt lag erst etwa die Hälfte der Ergebnisse von den auszählenden Wahlvorständen vor. 

Die Zahlen und damit auch die Einfärbung auf der Karte können sich bis zur vollständigen Auszählung noch ändern und das taten sie auch, wie ein Vergleich mit dem vorläufigen Ergebnis um 23:36 Uhr zeigt:

Links das Zwischenergebnis um 19:30 Uhr, rechts das fertig ausgezählte Ergebnis der Landtagswahl: Die SPD hat demnach Direktmandate in 19 von 44 Wahlkreisen gewonnen, die AfD 25 (Quelle: Land Brandenburg; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Nach dem Ergebnis am Ende der Auszählung hat die SPD also weitere Wahlkreise bei den Erststimmen für sich entscheiden können. Am Ende gewann die AfD in 25 von 44 Wahlkreisen die Erststimmenmehrheit und damit die jeweiligen Direktmandate, die SPD in 19. 

Medien berufen sich bei Wahl-Berichterstattung zunächst auf Prognosen 

Medien, wie die ARD und das ZDF, nutzen für ihre Berichterstattung kurz nach der Schließung der Wahllokale ab 18 Uhr keine Zwischenergebnisse der Landeswahlleitung – das wäre auch nicht möglich, denn die Auszählung der Stimmen beginnt erst um 18 Uhr. Medien berufen sich stattdessen zunächst auf Prognosen, wie wir bereits in früheren Faktenchecks berichteten. 

Für das ZDF erstellt die Forschungsgruppe Wahlen die Prognose, für die ARD das Forschungsinstitut Infratest Dimap. Solche Prognosen beruhen auf den Aussagen von Wählerinnen und Wählern nach dem Verlassen des Wahllokals. Diese Daten werden dann noch mit Schätzungen für die Briefwahlergebnisse zusammengeführt. Weil beide Institute nicht exakt dieselbe Stichprobe und Methodik haben, weichen die Prognose-Ergebnisse etwas voneinander ab.

So schrieb die ARD beispielsweise um 18 Uhr im Live-Blog zur Landtagswahl in Brandenburg: „Laut der ARD-Prognose von Infratest Dimap liegt die SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke mit 31 Prozent knapp vor der AfD mit 30 Prozent.“ Beim ZDF kam die SPD im Live-Blog um 18 Uhr auf 32 Prozent, die AfD auf 29 Prozent.

Später am Wahlabend veröffentlichen die Medien statt Prognosen Hochrechnungen. In diese Berechnungen fließen erste ausgezählte Stimmen mit ein. Je mehr Wahlkreise ausgezählt werden, desto genauer sind diese Vorhersagen. Erst wenn alle Stimmen ausgezählt sind, veröffentlicht die Landeswahlleitung das vorläufige Endergebnis – bei der Landtagswahl in Brandenburg war das um 23:36 Uhr der Fall. 

Redigatur: Steffen Kutzner, Uschi Jonas

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Vorläufiges Ergebnis der Landtagswahl in Brandenburg, 22. September 2024, 23:36 Uhr: Link (archiviert)

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Author: Paulina Thom

https://www.bachhausen.de/landtagswahl-brandenburg-karte-mit-zwischenergebnis-der-erststimmen-wird-missverstanden/

#brandenburg #erststimmen #karte #landtagswahl #missverstanden #zwischenergebnis

Landtagswahl Brandenburg: Karte mit Zwischenergebnis der Erststimmen wird missverstanden

Weil auf einer Karte viele Wahlkreise blau sind, zweifeln online manche am Wahlsieg der SPD. Doch die Karte zeigt nur ein Zwischenergebnis.

correctiv.org
@vonTrapp
Ihre #Antwort lässt das #Fazit zu, dass Sie den geteilten #Beitrag nicht angeschaut haben, oder evtl. #Missverstanden haben & somit meinen #Kommentar ebenfalls nicht.
Dennoch #Danke für Ihre #Rückmeldung

@phneutral @praesolgka @kattascha

Nö !
Denn das wird garantiert #missverstanden.
Aber viel #Spass bei weiteren #Selbstherabsetzungen.

Anstatt #zuckerberg und #musk mit ihren #Milliarden versuchen die #klimakatastrophe abzuwenden. Nein sie wollen in einen #Käfig
steigen und sich die #Köpfe #einschlagen.
Dazu will #musk lieber auf andere #Planeten
fliegen anstatt versuchen die #Erde zu #retten . Und #zuckerberg will uns in eine virtuelle Welt entführen damit wir die #Katastrophe
nich mitbekommen. Oder habe ich etwas #missverstanden ? Ich hoffe es findet nicht statt.
@mupan @afelia Ah, ja, die #Universalität der #Gestik und sonstiger #Körpersprache. Deswegen wird die indische #Kopfbewegung für „Ja!“ von Westlern nie als „Vielleicht‽ 🤷“ oder gar „Nein!“ #missverstanden. /s

Nachdem ich dem #k2 erzählt habe, dass wir am #freitag einen #laternenumzug im #prenzlauerberg #mitmachen meinte er "ich möchte aber nicht aus #spandau #wegziehen, wir sind doch gerade erst angekommen"

#lebenmitkind #kindermund #sueß #missverstanden