Zwischen Sehnsucht und Sonnenschein: Ein Rendez-Vous mit der Leichtigkeit vergangener Tage

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Zwischen Sehnsucht und Sonnenschein | Werni's Rendez-Vous | aw+

In dieser Ausgabe öffnen sich musikalische Zeitfenster in eine Welt voller Träume, Fernweh und unvergesslicher Melodien. Die Lieder entführen uns an Orte, die wir vielleicht nie gesehen, aber tief im Herzen getragen haben - vom Gipfel der Berge bis zu den staubigen Pfaden ferner Länder. Mit einem Augenzwinkern und viel Gefühl begegnen wir den Geschichten, die das Leben schrieb – erzählt in Tönen, die berühren. Eine liebevolle Hommage an jene Zeit, in der das Herz noch ein wenig lauter klopfte.In dieser Ausgabe:Hein Simons - Und das alles nur, weil wir uns lieben (1978)Maren - Wie schön kann so ein Sonntag sein (1974)Bully Buhlan & Karin Rother - Junge Herzen haben Sehnsucht (1963)Mona & Michael - Hoch drob'n auf dem Berg (1974)Gitti & Erica -Ciao Marco Ciao! (1976)Anita Gutwell - Auf Dem Berg (1956)Rudi Hofstetter & Franz Schier - Zwischen Salzburg und Bad Ischl (1956)Roberto Blanco - Bayern ist nicht Texas (1973)Manuela - Da sagen sich die Füchse gute Nacht (1973)Chris Roberts - Mein Name ist Hase (1971)Tony Marshall - Fahr mich in die FerneSigi Hoppe - Klara ( Das Beduinenkind aus der Sahara)1969Danielle Licari - Heidi (1978)Lolita & Maureen René - Sailor (1960)

Zwischen Rampenlicht & Rüebli-Zepter: Peach Weber – Zwischen Rampenlicht, Rüebli-Zepter und einem Leben für den Humor

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#Schweiz #Rampenlicht #Volksmusik #Zwischen #Schlager

Zwischen Rampenlicht & Rüebli-Zepter | aw+

Peach Weber – Zwischen Rampenlicht, Rüebli-Zepter und einem Leben für den Humor

SWR: Queer und alt – Zwischen Pride und Einsamkeit

Diskriminierung prägt viele queere Menschen bis ins Alter. In Seniorenheimen fürchten sie Ausgrenzung und Einsamkeit. Doch Schutzräume entstehen.

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#einsamkeit #pride #queer #zwischen

Queer und alt – Zwischen Pride und Einsamkeit

Diskriminierung prägt viele queere Menschen bis ins Alter. In Seniorenheimen fürchten sie Ausgrenzung und Einsamkeit. Doch das Bewusstsein für die Bedürfnisse einer vielfältigen älteren Generation wächst.

SWR Kultur

Neues aus dem Fernsehrat (110): Öffentlich-rechtliche und private Medien zwischen Wettbewerb und Kooperation

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

Neues aus dem Fernsehrat (110)Öffentlich-rechtliche und private Medien zwischen Wettbewerb und Kooperation

Private und öffentlich-rechtliche Medien stehen unter Druck – nicht nur durch Big Tech, sondern auch weil überholte Wettbewerbslogiken das wechselseitige Verhältnis prägen. Dabei gibt es im digitalen Raum Potenziale für Kooperation, die gerade wegen jeweils unterschiedlicher Logiken möglich sind.


24.03.2025 um 19:04 Uhr
Leonhard Dobusch, Christopher Buschow – in Öffentlichkeitkeine Ergänzungen Kooperativen Potenziale zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien ergeben sich gerade aus einer Zusammenarbeit unter Beibehaltung unterschiedlicher Logiken CC-BY 4.0

Die Serie „Neues aus dem Fernsehrat“ beleuchtet seit dem Jahr 2016 die digitale Transformation öffentlich-rechtlicher Medien. Hier entlang zu allen Beiträgen der Reihe.

Die duale Medienordnung in Deutschland ist in der Vergangenheit bewusst als ein wettbewerbliches Nebeneinander von privat-kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Medien ausgestaltet worden. Mit dieser auch kartell- und wettbewerbsrechtlich verankerten Struktur wurde das Ziel verbunden, die grundlegenden Voraussetzungen für eine vielfältige und pluralistische Medienlandschaft zu schaffen (Gostomzyk et al., 2019, S. 4).

Dem Prinzip der strukturellen Diversifikation folgend, sollten private und öffentlich-rechtliche Medien sich insofern ergänzen, als dass sie wechselseitig die Schwächen des jeweils anderen kompensieren (Hoffmann-Riem, 2000, S. 34). Doch angesichts der tiefgreifenden Veränderungen, die eine digitalisierte und globalisierte Medienwelt mit sich gebracht hat, ist fraglich, ob ein ganz wesentlich auf Wettbewerb ausgelegtes Mediensystem heute noch zeitgemäß ist – oder ob es vielmehr einer kooperationsorientierten Neuordnung bedarf, um den gegenwärtigen Herausforderungen gerecht zu werden (vgl. auch Gostomzyk et al., 2021).

Der traditionelle Wettbewerb innerhalb der dualen Medienordnung erscheint heute wie ein Kräftemessen im Kleinen, während einige wenige, aber sehr dominante Plattformkonzerne die etablierten Medien – sowohl private als auch öffentlich-rechtliche Anbieter – in die Rolle bloßer Zulieferer für ihre Plattformen drängen (vgl. Andree, 2023). Jedoch haben die tiefgreifenden Umbrüche auf den Werbe- und Nutzermärkten die ohnehin bestehenden Spannungen nochmals verschärft.

Besonders anschaulich zeigt sich diese konfliktreiche Auseinandersetzung in den jüngsten, hitzig geführten Debatten um eine vermeintliche „Presseähnlichkeit“ öffentlich-rechtlicher Online-Angebote, die in Konkurrenz treten würden zu privatwirtschaftlich organisierten Medien. Auch wenn der empirische Forschungsstand zu diesem Thema bislang unzureichend ist, deuten jüngste Studien doch darauf hin, dass die Annahme einer signifikanten Wettbewerbsverzerrung durch die öffentlich-rechtlichen Medien nicht haltbar ist (Sehl et al., 2020; Udris et al., 2024; Zabel et al., 2024).

Das eigentliche Problem liegt unseres Erachtens auch vielmehr in der zugrundeliegenden Denkweise, also in der unnötigen Frontstellung zwischen den tragenden Akteuren der dualen Medienordnung. Aus unserer Sicht versperrt diese den fruchtbaren Blick auf ihre kooperativen Potenziale, die für die Etablierung und Stärkung digitaler Öffentlichkeiten jenseits der großen US-Plattformgiganten von entscheidender Bedeutung sind. Gleichzeitig gilt es zu berücksichtigen, dass viele der kooperativen Potenziale gerade aus einer Zusammenarbeit unter Beibehaltung unterschiedlicher Logiken erwachsen.

Mit anderen Worten: Strukturelle Diversifikation – insbesondere entlang der Unterscheidung zwischen gewinnorientierten und demokratisch beauftragten Medien – sollte nicht durch einen stärker kooperativen Ansatz aufgehoben werden. Vielmehr bildet sie die Grundlage für eine wechselseitige, auch publizistische Befruchtung. Ziel wäre demnach ein Coopetition-Ansatz, in dem kooperative und wettbewerbliche Elemente, die teilweise auch heute schon nebeneinander existieren, neu geordnet werden.

In diesem Beitrag eröffnen wir deshalb eine dahingehend neue Perspektive, indem wir bislang unausgeschöpfte Zusammenarbeit und Beiträge der öffentlich-rechtlichen Medien zu einer gelingenden Medienlandschaft ins Zentrum unserer Betrachtung rücken, sofern sie zwei Bedingungen erfüllen: a) sie stärken publizistische Vielfalt und Wettbewerb; b) sie sind im gegebenen europäischen Rechtsrahmen realisierbar.

Dafür schlagen wir einen Analyserahmen für Kooperationen vor, der die bereits erfolgte Öffnung der öffentlich-rechtlichen Medien und deren Kollateralnutzen für private Anbieter beleuchtet, ferner aber auch den Möglichkeitsraum umreißt, in welchem weitergehende Potenzialen für kooperative Beziehungen zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Akteuren eröffnet werden können. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf mögliche Aufgaben der Öffentlich-Rechtlichen in der digitalen Medienwelt des 21. Jahrhunderts.

Formen der Kooperation im Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien

Wenn wir im Folgenden öffentlich-rechtliche Medien zum Ausgangspunkt für die Analyse von (unausgeschöpften) Kooperationspotenzialen für die deutsche und europäische Medienlandschaft insgesamt heranziehen, dann fußt diese Perspektive in ihrer konstitutiven Differenz zu privaten Medien.

Aufgrund ihrer politisch-demokratischen Beauftragung und gemeinschaftlichen Finanzierung – sei es über Rundfunkbeiträge oder Steuern – kommt ihnen eine andere Rolle und Aufgabe zu als privatwirtschaftlich organisierten Medien. Im programmlichen Bereich umfasst dies unter anderem den Auftrag, alle und nicht nur primär werberelevante Zielgruppen zu erreichen und Bildungs- und Informationsangebote zu schaffen, die marktlich nicht oder nur unzureichend finanzierbar wären.

Dieser grundsätzlich andere, gemeinwohlorientierte Anspruch an öffentlich-rechtliche Medien reicht aber über das Programm hinaus. Auch in vordigitaler Zeit hat der Medien- und Kulturstandort Deutschland von der (krisen- und konjunkturunabhängigen) Stabilität öffentlich-rechtlicher Nachfrage profitiert (vgl. die ARD Produzentenberichte, exemplarisch: ARD (2024)). Allerdings wurden und werden die mittelbar mit einem starken öffentlich-rechtlichen Anbieter und Nachfrager verbundenen Stabilitäts- und Spillover-Effekte kaum als solche anerkannt oder gar medienpolitisch gezielt befördert (vgl. Mazzucato et al., 2020; Roßnagel et al., 2023).

Eine solche gezielte Förderung von Synergien zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien könnte mit einer präzisierten Beauftragung von kooperativen Angeboten und Strategien verbunden sein. Aufgrund der konstitutiven Differenz zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medienangeboten ist es auch nur logisch, hier keine symmetrische Kooperationsbeziehung, sondern durchaus auch unilateral-kooperative Angebote im Sinne einer Bereitstellung von (digitalen) Gemeingütern durch öffentlich-rechtliche Medien vorzusehen.

Dementsprechend schlagen wir vor, die Öffnung öffentlich-rechtlicher Medien für neue Formen der Zusammenarbeit mit organisationsexternen Akteuren sowie deren Beiträge zu einer demokratischen und inklusiven Medienöffentlichkeit anhand des folgenden Analyserasters zu systematisieren (vgl. Abbildung 1): Auf der x-Achse wird der inhaltliche Bezug einer Kooperation abgebildet, der zwischen infrastrukturell-technologischen und redaktionell-publizistischen Formen aufgespannt werden kann. Im Hinblick auf die publizistische Vielfalt sind Kooperationen im Bereich Infrastruktur und Technologie als weniger kritisch einzustufen als unmittelbar redaktionell-publizistische Kooperationen. Allerdings ist zu beachten, dass auch (Software-)Infrastruktur (zum Beispiel algorithmische Empfehlungssysteme) Folgen für Reichweiten und somit Auswirkungen auf die publizistische Vielfalt haben können.

Die y-Achse zeigt den Grad der Formalisierung einer Kooperation, der von unilateral-kooperativ bis hin zu beidseitig-vereinbart reicht – d.h. von einem eher offenen, ungerichteten Kooperationsangebot bis zu einem stärker geschlossenen, exklusiven Ansatz, bei dem Kooperationen zwischen den Partnern explizit ausverhandelt werden. Bei den jeweiligen Bezeichnungen handelt es sich um die Pole eines Kontinuums, innerhalb dessen auch Zwischenformen verortet werden können.

Abbildung 1: Formen kooperativer Beziehungen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien mit Ankerbeispielen CC-BY 4.0 Christopher Buschow, Leonhard Dobusch

Grob lassen sich auf Basis von Abbildung 1 vier Quadranten kooperativer Beziehungen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien unterscheiden: auf der technologischen Seite einerseits unilaterale (a) Infrastrukturangebote und andererseits vereinbarte Zusammenarbeit (b). Auf der publizistischen Seite (c) unilaterale Beiträge zur Stärkung des Feldes sowie (d) vereinbarte Kooperationen. Innerhalb der Quadranten erläutern wir einerseits mehrere Ankerbeispiele, die in der Abbildung abgetragen sind, und geben andererseits einen Ausblick auf den Möglichkeitsraum, in welchem künftige Potenziale für kooperative Beziehungen zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Akteuren eröffnet werden können.

a) Infrastrukturangebote

Bei Infrastrukturangeboten öffentlich-rechtlicher Medien handelt es sich um eine unilateral-kooperative Bereitstellung von offenen Technologien zur gemeinschaftlichen Nutzung und Weiterentwicklung. In vordigitaler Zeit wäre darunter beispielsweise eine Mitnutzung von Rundfunkverbreitungstechnologien durch private Anbieter gefallen. Mit der zunehmenden Bedeutung von Softwareinfrastruktur für die Distribution und Nutzung von Medien dürfte die Relevanz dieses Feldes stark zunehmen.

Jüngstes Beispiel für ein Infrastrukturangebot von Seiten öffentlich-rechtlicher Medien ist die von ARD und ZDF verkündete Umstellung der gemeinsamen Mediathek-Entwicklung auf eine Open-Source-Basis. Im Ergebnis führt diese Strategie dazu, dass mit Beitragsmitteln finanzierte Mediatheksoftware (zum Beispiel Videoplayer, Empfehlungsalgorithmen) auch von privaten Anbietern genutzt und ggf. an eigene Bedürfnisse angepasst werden kann.

Zwar bleibt abzuwarten, ob und in welchem Ausmaß dieses Angebot tatsächlich von Privaten aufgenommen wird. Die Nutzung rechtlich verbindlicher Open-Source-Lizenzen (Harutyunyan & Riehle, 2019) stellt aber sicher, dass es dafür keiner bilateralen Einigung im Einzelfall bedarf und jedenfalls potenziell immer die Möglichkeit einer eigenständigen Weiterentwicklung – in Form eines sogenannten Forks (He et al., 2020) – offensteht.

Aufbauend auf diesen Erfahrungen ergeben sich für die Öffentlich-Rechtlichen große Potenziale, künftig eine bedeutendere Rolle in der Entwicklung und Bereitstellung digitaler Medieninfrastruktur auf Basis offener Software, offener Standards und offener Protokolle zu übernehmen (Dobusch, 2024a; 2024b). Dies könnte beispielsweise die Entwicklung von KI-Modellen sowie daten- und jugendschutzkonformer Identitätsdienstleistungen umfassen, die sodann auch privaten Medien zur Verfügung stehen würden.

Die Potenziale reichen aber auch in den Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) hinein. Exemplarisch sei hier auf das transnationale F&E-Projekt „Public Spaces Incubator“ verwiesen. Das gemeinschaftlich von öffentlich-rechtlichen Medien aus fünf Ländern (ABC Australien, ARD und ZDF aus Deutschland, CBC/Radio-Canada aus Kanada, RTBF aus Belgien und SRG SSR aus der Schweiz) verantwortete Vorhaben entwickelt und testet Prototypen für Publikumseinbindung und -dialog jenseits von algorithmischer Polarisierung und Zuspitzung (Koban et al., 2024).

Da die Entwicklung auf Basis von offener Software und offenen Standards geschieht, stehen die Erkenntnisse nicht nur öffentlich-rechtlichen, sondern auch privaten Medien für eine Weiternutzung und -entwicklung zur Verfügung.

b) Technologische und infrastrukturelle Zusammenarbeit

Das Gegenstück zu unilateral-kooperativen Infrastrukturangeboten sind spezifische Vereinbarungen zur (Mit-)Nutzung öffentlich-rechtlicher Infrastruktur, die mit einzelnen Partnern jeweils individuell ausgehandelt werden. Beispielsweise kooperiert das ZDF im Rahmen von ZDFkultur mit Akteuren aus Kunst und Kultur in allen 16 Bundesländern und stellt diesen Kooperationspartnern die technologische Infrastruktur ihrer Mediathek für die Verbreitung von Inhalten zur Verfügung.

Der konkrete Umfang und die Art der bereitgestellten Inhalte werden mit den Kulturorganisationen jeweils einzelvertraglich vereinbart, insbesondere hinsichtlich der Lizenzen und Programmkriterien, um die rechtlichen und technischen Anforderungen zu gewährleisten (Dobusch, 2020).

ZDFkultur könnte den Ausgangspunkt bilden für eine umfassendere kooperative Plattform, auf der publizistische Vielfalt innerhalb einer gemeinsamen Infrastruktur organisiert wird (Wellbrock & Buschow, 2022). Ein solches Modell ist in den vergangenen Jahren etwa als Idee einer europäischen Medienplattform diskutiert worden, deren Prüfung auch im Koalitionsvertrag der deutschen Ampel-Regierung aus dem Jahr 2021 verankert war.

Unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung (zu verschiedenen Ansätzen vgl. Rauch et al., 2024), könnte ein öffentlich-rechtlich koordinierter Aufbau und Betrieb einer gemeinsamen Plattform – in beidseitig-vereinbarter Zusammenarbeit unter anderem mit Kulturanbietern, Bibliotheken, Universitäten und auch privaten Medien – ein Gegengewicht, jedenfalls aber eine Ergänzung zu den dominanten Tech-Giganten eröffnen.

c) Stärkung des publizistischen Feldes

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat bereits in vordigitaler Zeit durch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen wichtige Beiträge zur Stärkung des gesamten publizistischen Feldes geleistet. In jüngster Zeit fungiert insbesondere funk, das junge Angebot und Content-Netzwerk der Öffentlich-Rechtlichen, als eine Art „Talentinkubator“ für die Medienbranche (vgl. Cheng et al., 2024).

funk zielt unter anderem darauf ab, noch nicht etablierte Medienschaffende zu gewinnen und ihnen die Voraussetzungen für eine qualitätsvolle, professionelle Medienarbeit zu vermitteln. Es ist üblich, dass die sogenannte Content Creator bei funk ausscheiden, sobald ihr Format den Zielkorridor der 14- bis 29-Jährigen verlässt. Funk bildet somit eine Durchgangsstation und einen Karrierebeförderer, der Medienschaffenden den Zugang zur Branche eröffnet und durch ihre Weiterqualifikation einen unilateralen Beitrag zum gesamten Feld leistet.

Das Beispiel funk verweist auf Strategien, wie sich öffentlich-rechtliche Medien durch Unterstützungsangebote für das publizistische Feld insgesamt einsetzen könnten. Eine vielversprechende Entwicklungsperspektive wären Hilfestellungen für das publizistische Wirken Dritter, denn der Journalismus ist zunehmend durch Zeitmangel, Kostensenkungen und Arbeitsverdichtung geprägt.

Neue Organisationen wie CORRECTIV.Lokal oder das Science Media Center Germany (SMC) stellen publizistische Ressourcen bereit, die jeder nutzen kann, um diesen Herausforderungen entgegenzuwirken. CORRECTIV.Lokal beispielsweise organisiert eine offene Community von mehr als 1.800 Lokaljournalisten, denen Datensätze und sog. Recherche-Rezepte zur Verfügung gestellt werden, um bundesweit relevante Themen auf lokaler Ebene weiter recherchieren zu können. Das SMC übernimmt bestimmte Schritte der journalistischen Recherche, indem es qualitativ hochwertiges „Rohmaterial“ (unter anderem Experteneinschätzungen und Daten) produziert, das der Wissenschaftsjournalismus als Grundlage für weiterführende Arbeit nutzen können (Buschow et al., 2022).

Vergleichbare Unterstützungsangebote würden öffentlich-rechtliche Medien in die Lage versetzen, journalistische Qualität und Public Value außerhalb der eigenen Organisation zu befördern und die Bedingungen für die Zukunft einer funktionstüchtigen Medienlandschaft mitzugestalten.

d) Publizistische Kooperationen

Im Rahmen des 2014 gestarteten Rechercheverbundes von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung wird seit mehr als zehn Jahren intensive Zusammenarbeit von öffentlich-rechtlichen und privaten Medien im investigativen Journalismus praktiziert. Recherchen werden gemeinsam organisiert, die anschließende Distribution erfolgt über die jeweils eigenständigen Kanäle von Privaten und Öffentlich-Rechtlichen.

Diese Formen der Kooperationen sind formal vertraglich organisiert und ermöglichen eine tiefgreifende und aufwändigere journalistische Arbeit, als sie einem Medienanbieter allein heute vermutlich noch möglich wäre.

Denkt man diese Formen publizistischer Kooperationen weiter, so läge eine Möglichkeit in der Schaffung einer Unterstützungsinfrastruktur für ein regionales Medienökosystem, insbesondere für journalistische Neugründungen. Diese könnte nach dem Vorbild von Initiativen wie dem Tiny News Collective in den USA gestaltet sein, das als Gründungsinkubator für kleine Nachrichtenorganisationen dient.

Die Unterstützung durch die Öffentlich-Rechtlichen könnte sich darauf konzentrieren, neuen Nachrichtenorganisationen den Einstieg in die Medienlandschaft mit deutlich weniger Ressourcen zu ermöglichen, sodass sich nicht jede Neugründung immer wieder denselben Herausforderungen des digitalen Publizierens stellen müsste (Buschow, 2018).

Fazit

Der vorliegende Beitrag hat die Potenziale einer kooperativen Weiterentwicklung der dualen Medienordnung unter den gegenwärtigen Bedingungen der Digitalisierung betrachtet. Öffentlich-rechtliche und privatwirtschaftliche Medien können durch neue Formen der Zusammenarbeit zur Etablierung und Stärkung digitaler Öffentlichkeiten jenseits der großen US-Plattformgiganten beitragen, ohne dabei das Prinzip ihrer strukturellen Diversifikation zur Disposition zu stellen. Die Beispiele verdeutlichen, wie kooperative Beziehungen sowohl infrastruktureller als auch publizistischer Art heute bereits in der Praxis umgesetzt werden und wie sie die Medienlandschaft in Deutschland und Europa auch insgesamt voranbringen können.

Gleichzeitig sind viele der genannten oder als möglich skizzierten Beispiele isolierte Initiativen und kein Ergebnis einer medienpolitisch bzw. -rechtlich verfolgten Strategie, die das Verhältnis von öffentlich-rechtlichen und privaten Medien kooperativ gestalten will. Voraussetzung für eine solche Strategie wäre es, die traditionell antagonistische Betrachtung des Verhältnisses von privaten und öffentlich-rechtlichen Medien durch einen Coopetition-Ansatz zu ersetzen.

In der betriebswirtschaftlichen Netzwerkforschung ist Coopetition, also das Management von gleichzeitig wettbewerblichen als auch kooperativen Beziehungen zwischen Organisationen, bereits seit den frühen 1990er Jahren etabliert (Sydow 1992; Sydow et al., 2025). Zentrale Herausforderung ist dabei, dass Spannungsverhältnisse ausgehalten und gemanagt werden müssen. Neben Wettbewerb und Kooperation gehören dazu weitere Spannungsverhältnisse wie Vertrauen und Kontrolle oder Autonomie und Abhängigkeit. Umgelegt auf die deutschsprachige und europäische Medienlandschaft ist das zentrale Spannungsverhältnis mit Sicherheit die Aufrechterhaltung oder sogar Stärkung jeweils idiosynkratischer, bisweilen sogar gegensätzlicher Logiken der Medienproduktion bei gleichzeitiger Zusammenarbeit im Bereich von Infrastruktur oder im Publizistischen.

Als besonders geeignet erscheinen uns in diesem Zusammenhang gerade unilateral-kooperative Strategien, in denen öffentlich-rechtliche Medien beauftragt werden, Leistungen für die Medienlandschaft insgesamt zu erbringen (Dobusch, 2024a). Weil diese Leistungen als einseitige Kooperationsangebote erbracht werden, sinkt der Koordinationsaufwand und verbessert sich ihre Skalierbarkeit.

Im Ausblick deutet vieles darauf hin, dass die Zukunft der Medien in Deutschland und Europa nur in kollektiver Praxis verwirklicht werden kann. Dazu müssen alle Beteiligten über ihren Schatten springen: Private Medien sollten sich von alten Grabenkämpfen verabschieden; öffentlich-rechtliche Medien wiederum sollten anerkennen, dass Public Value etwas ist, was auch außerhalb der Grenzen der eigenen Organisation entsteht und auch dort von ihnen befördert werden kann. Aus unserer Sicht sind dies wichtige Voraussetzungen nicht nur dafür, die offensichtlichen Schattenseiten monopolistischer Plattformöffentlichkeiten einzudämmen, sondern vor allem auch, um die Chancen digitaler Technologien für mehr demokratische Öffentlichkeit und Teilhabe auch zu nutzen.

Der Beitrag steht unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz und ist zuerst im Wirtschaftsdienst, 105(3), S. 1-5 erschienen.

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Author: Leonhard Dobusch

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Neues aus dem Fernsehrat (110): Öffentlich-rechtliche und private Medien zwischen Wettbewerb und Kooperation

Private und öffentlich-rechtliche Medien stehen unter Druck – nicht nur durch Big Tech, sondern auch weil überholte Wettbewerbslogiken das wechselseitige Verhältnis prägen. Dabei gibt es im digitalen Raum Potenziale für Kooperation, die gerade wegen jeweils unterschiedlicher Logiken möglich sind.

netzpolitik.org

Drohender Energie-Deal zwischen USA und Russland

Dieser Artikel stammt von CORRECTIV.Faktencheck / Zur Quelle wechseln

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen warnt eindringlich: „Wenn wir uns nicht verändern, wenn wir ungefähr so blieben, wie wir sind, dann wird alles über unsere Köpfe hinweg entschieden.“ Röttgen veröffentlichte den eigenen Redebeitrag aus einer Talkshow am 12. März 2025 auf seinem X-Account. Für den CDU-Bundestagsabgeordneten hat Europa angesichts der unberechenbaren Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump und des anhaltenden russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine nur eine Chance. Europa müsse entweder militärische Stärke gewinnen oder würde als eigenständiger Akteur „nicht bestehen bleiben“.

Recherchen von CORRECTIV und Istories zeigen, wie das von Röttgen erwähnte „über unsere Köpfe hinweg“ ablaufen könnte. Es geht darum, unter welchen Bedingungen nach einem möglichen Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine oder nach einem Waffenstillstand Öl und Gas wieder nach Deutschland und Europa fließen könnten. Im Fokus der Verhandlungen steht offenbar auch die Zukunft der Pipelines Nord Stream 1 und 2, sowie der Besitz des russischen Mineralölkonzerns Rosneft in Deutschland: Rund 54 Prozent Anteile hält deren deutsche Tochter an der Raffinerie in Schwedt sowie geringere Anteile an den süddeutschen Raffinerien Bayernoil und Miro.

Es geht um den Einfluss russischer Rohstoffkonzerne und des Kreml auf die deutsche und europäische Energieversorgung, die mögliche Wiederherstellung der Energieabhängigkeit und welche Rolle US-Firmen dabei spielen könnten.

Die Rohstoffabhängigkeit Deutschlands und der drohende Zusammenbruch

Die Pipelines von Nord Stream 1 und 2 und die Raffinerie Schwedt bildeten bis zum Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 die Achse der Rohstoffversorgung aus Russland. Zwei Tage vor dem Einfall in die Ukraine verweigerte Deutschland die Zertifizierung von Nord Stream 2, später drosselte Russland die Gaszufuhr durch die Röhren von Nord Stream 1. Die Rohstoffabhängigkeit von Russland brachte Deutschland fast an den Rande des Zusammenbruchs. Das Handelsblatt zeigte 2023, wie Russland nach dem Beginn des Angriffskrieges versuchte, über die von ihnen kontrollierten Firmen in Deutschland einen Blackout zu provozieren.

Im Herbst 2022 wurde die Gas-Pipeline in der Ostsee gesprengt, von insgesamt vier Strängen ist nur ein Strang von Nord Stream 2 noch intakt. Die Täter und Auftraggeber der Sprengung sind noch nicht geklärt. Medienberichten zufolge gehen deutsche Ermittler von ukrainischen Saboteuren aus.

Auch bei Öl waren die Abhängigkeiten zu Russland vor Beginn des Kriegs hoch. Die Raffinerie in Schwedt wird seit ihrer Gründung in der DDR von der Druschba-Pipeline aus Russland mit Öl versorgt. Gut 20 Jahre nach der Wiedervereinigung wurde der russische Ölkonzern Rosneft über dessen deutsche Tochter Rosneft Deutschland GmbH Anteilseigner von Schwedt und Bayernoil. 

Nach dem Krieg übernahm die Bundesregierung die Treuhänderschaft von Rosneft Deutschland. Öl für Schwedt kommt nicht mehr aus Russland, sondern vor allem über die Häfen Rostock und Danzig. Öllieferungen per Schiff erweisen sich jedoch als schwierig, die Infrastruktur nicht für ausreichende Mengen ausgelegt. Daher sicherte sich die Bundesregierung weitere Lieferungen über die Druschba-Pipeline – allerdings mit kasachischem Öl. 

Woidke und die Rückkehr des russischen Öls

Die anderen Anteilseigner an der Raffinerie in Schwedt wie der britische Erdöl-Konzern Shell verlieren das Interesse an der Raffinerie in Ostdeutschland. Sie wollen offenbar nicht mehr investieren, am liebsten ihre Anteile loswerden – zuletzt platzte der Verkauf an den britischen Ölkonzern Prax jedoch.

Nicht nur die AfD und BSW, sondern auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wünschen sich nach einem möglichen Kriegsende, dass russisches Öl wieder nach Schwedt fließt. „Woidke würde eine Rückkehr zu Öl aus Russland für die Raffinerie begrüßen“, schrieb der Tagesspiegel am 3. März. Und der Wunsch könnte in Erfüllung gehen.

Seit Monaten gibt es Hinweise, dass seit Donald Trumps Wahlsieg in den USA Emissäre aus den USA und Deutschland Kontakte mit Russland und den USA knüpfen. Bereits im vergangenen November hatte das Wall Street Journal berichtet, dass der US-amerikanische Investor und Trump-Unterstützer Stephen P. Lynch sich darum bemühte, bei Nord Stream 2 einzusteigen.

Nach der Amtseinführung von Trump im Februar wurde es konkreter. Auch die Unterlagen des Insolvenzverfahrens der Nord Stream 2 AG in der Schweiz weisen auf Verhandlungen hin. Man stehe „in intensivem Kontakt mit den Finanzinvestoren“, argumentierte das Unternehmen Anfang des Jahres vor dem Kantonsgericht Zug, das den Verhandlern letztlich weitere Zeit verschaffte.

Nord Stream und das Interesse der USA

Eine Rolle in diesem Deal soll auch der Ex-Stasi Mann Matthias Warnig spielen, der als Vertrauter von dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, wie die Financial Times Anfang März schrieb. Die Bild berichtete am 3. März, dass auch der ehemalige US-Botschafter Richard Grenell dabei mitverhandeln soll, was dieser jedoch bestritt. Trump beauftragte Grenell mit speziellen Aufgaben.

CORRECTIV erhielt Hinweise aus dem Kreis der Verhandler, dass dieses System offenbar auch für Schwedt geplant ist. Demnach ist offenbar geplant, dass US-Firmen die deutschen Rosneft-Beteiligungen übernehmen. Dann hätten sie die Mehrheit an der Raffinerie Schwedt sowie Anteile an Bayernoil und Miro. Zuletzt waren vor allem Qatar, das bereits am russischen Rosneft-Konzern beteilig ist, sowie Kasachstan als potenzielle Käufer im Gespräch. Letztere Option, von Russlands Präsident Wladimir Putin erst Ende November 2024 öffentlich ins Spiel gebracht, scheint nicht mehr weiterverfolgt zu werden. 

Auch die Verhandlungen zur PCK Schwedt finden im Verborgenen statt. Aus den Kreisen der Boten und Emissäre heißt es, die Gespräche zwischen US-amerikanischen und russischen Vertretern laufen, das Bundeskanzleramt und das Bundeswirtschaftsministerium seien eingebunden. Das Auswärtige Amt soll bei den Verhandlungen jedoch keine Rolle  spielen. Es wird von einer Person, die an den Verhandlungen beteiligt ist, als „amerikanische Agenda“ beschrieben, und „je weniger deutsche Stellen involviert“ seien, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt klappen könnte.

„Beide verdienen und die Europäer zahlen“

Das Kalkül der Trump-Administration könnte eine Zangenbewegung sein: Die Autoindustrie in Deutschland und Europa soll durch geplante Zölle geschwächt werden, während Gas und Öl aus Russland über US-Röhren wieder fließen soll. „Da klatschen sich zwei in die Hände, die Russen und Amerikaner. Der eine verkauft Rohstoffe, der andere transportiert. Beide kriegen Geld dafür, und die Europäer zahlen die Zeche“, so die Quelle aus dem Verhandlerkreis.

Nach CORRECTIV-Recherchen könnte sich das vielleicht gerade in diesen Wochen sogar entscheiden. Während die USA in Saudi-Arabien von der Ukraine die Zusage zu einem sofortigen Waffenstillstand erhalten, befindet sich nach CORRECTIV-Informationen ein hochrangiger deutscher Regierungsbeamter in den USA. Der Grund der Reise ist unbekannt.

Vielleicht ist es Teil des Deals: Russland stimmt der Waffenruhe zu und bekommt die Option, wieder Öl und Gas nach Europa zu liefern, aber durch Röhren, die US-Firmen gehören. Damit würde die Lieferung der Rohstoffe vom Besitz des Transportnetzes getrennt. Diese so genannte „Entkoppelung“ ist eine Vorgabe der EU an große Versorgungsunternehmen, um Energiegeschäfte in Europa überhaupt zu erlauben. Die EU-Sanktionen gegen Russland würden bei Verhandlungen auf den Tisch kommen, sagte der US-Außenminister Marco Rubio nach seiner Rückkehr aus Saudi Arabien.

Das könnte bedeuten: Die Europäer sollen russische fossile Energieträger kaufen, sonst wird der Krieg fortgesetzt. Das ist nicht ungefährlich. Mit den Erlösen könnten die Russen ihre Kriegswirtschaft stabilisieren und eine erneute Aufrüstung bezahlen, um den Krieg in Zukunft fortzusetzen. Und die USA würden profitieren, zudem hat Trump das Druckmittel der Zölle im Arsenal.

Das würde das Szenario von CDU-Abgeordnete Röttgen wahr werden lassen: „Dann wird alles über unsere Köpfe hinweg entschieden.“

Mitarbeit: Sven Niederhäuser, Marc EngelhardtFaktencheck: Marie BröcklingRedigatur: Justus von DanielsTitelgrafik: Ivo Mayr

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Author: Marcus Bensmann

#drohender #energie #russland #zwischen

Drohender Energie-Deal zwischen USA und Russland

Bei einem Friedensschluss zwischen Russland und Ukraine soll wieder Gas und Öl nach Europa fließen. USA und Russland planen – ohne Deutschland.

correctiv.org

F#ck Russland 🤬🤦‍♂️

Russlands Chef-Ideologe Alexander #Dugin #droht #Deutschland:

„Wählt die AfD oder wir #besetzen euch #erneut und teilen #Deutschland #zwischen #Russland und den #USA!“

Ein weiterer Beweis, dass die #AfD keine deutsche, sondern eine fremdgesteuerte Partei ist. Wer die AfD wählt, spielt Russland in die Hände.

Jahresrückblick 2024: Berlin – Zwischen Renaissance und Normalisierung – Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus

Belltower.News

2024 war geprägt von politischer Instabilität. Die Berliner Zivilgesellschaft schaut einer ungewissen Zukunft entgegen. Das alles in einer Zeit, in der sich neue, aktionsorientierte rechtsextreme Jugendgruppen in der Stadt um Präsenz bemühen und die Zahlen antisemitischer Vorfälle in Berlin einen Höchststand erreicht haben.

Von mbr – Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin| 6. Januar 2025
Neonazistischer Aufzug “Für Recht & Ordnung: gegen Linksextremismus & politisch motivierte Gewalt“ am 14. Dezember in Berlin Friedrichshain.

(Quelle: flickr/RechercheNetzwerk.Berlin)

Wie in vielen anderen Bundesländern fanden auch in Berlin zu Jahresbeginn 2024 zahlreiche zivilgesellschaftliche Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie statt. Nachdem das Recherchezentrum Correctiv im Januar einen Bericht über ein Treffen mit der Beteiligung von Rechtsextremen, Unternehmer*innen und AfD-Politiker*innen im November 2023 in Potsdam veröffentlicht hatte, versammelten sich in Berlin hunderttausende Menschen im Regierungsviertel.

Im Zuge der öffentlichen Debatten über die Recherche wurden weitere Verbindungen der Berliner AfD zu rechtsextremen Akteur*innen bekannt. So wurde beispielsweise öffentlich, dass es auch in Berlin bereits im Jahr 2023 zwei Treffen unter Beteiligung von AfD-Politiker*innen gegeben hatte, bei denen das prominente Gesicht der Identitären Bewegung, Martin Sellner, seine Ideen etwa zur „Remigration“ vorstellte; dafür hatte das Parteibüro der AfD im Pankower Ortsteil Blankenburg am 7. November 2023 dem ehemaligen Sprecher der Identitären Bewegung Österreichs eine Bühne geboten. Bereits im Juli 2023 hatte Sellner neben dem AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, ein Buch bei einem Treffen in der Wohnung des früheren CDU-Finanzsenators und „Alten Herrn“ der Burschenschaft Gothia, Peter Kurth, vorgestellt. Zu den Gästen des Abends gehörte neben weiteren rechtsextremen Akteur*innen wie dem Verleger Götz Kubitschek auch die Berliner AfD-Fraktions- und Landesvorsitzende Kristin Brinker, die im Nachgang versuchte, ihre Teilnahme kleinzureden. Im Jahr 2024 erfolgte ein weiterer Besuch Sellners in Berlin zu einem Vortrag in der AfD-nahen Immobilie „Staatsreparatur“ in Berlin-Lichterfelde. Gegen diese Veranstaltung im Juli protestierten jedoch mehrere hundert demokratisch Engagierte vor dem Veranstaltungsort, u.a. die „Omas gegen Rechts“ und lokale Initiativen.

Dass Proteste gegen rechtsextreme Veranstaltungen im ersten Halbjahr 2024 auch nach Ende der Großdemonstrationen deutlich mehr Zulauf erlebten, war eine ermutigende Entwicklung. In vielen Ortsteilen Berlins führte dies zur Reaktivierung zivilgesellschaftlicher Strukturen, aber auch zum Entstehen neuer Bündnisse und Anwohnendeninitiativen, die lokale Proteste organisieren. Die MBR beriet und begleitete die Akteure bei der Etablierung neuer Bündnisstrukturen und in Leitbildprozessen. Gemeinsam mit dem Partnerprojekt „Berlin gegen Nazis“ veröffentlichte die MBR einen praxisorientierten Ratgeber für Organisator*innen von Versammlungen. Die Handreichung gibt insbesondere auch Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Störungen durch rechtsextreme Videoaktivist*innen und Streamer*innen.

Die Thematisierung von Anfeindungen war auch einer der Schwerpunkte der Beratung von großen Menschenrechtsorganisationen, die sich im Nachgang der Correctiv-Recherche oft deutlich sichtbarer gegen Rechtsextremismus positionieren wollten. Die Angriffe gegen diese Art der Positionierung wurden unterdessen gezielter. Dabei wurde mitunter die Gemeinnützigkeit von sich positionierenden Organisationen infrage gestellt, zudem riefen der AfD nahestehende rechtsextreme Akteure dazu auf, entsprechende Anzeigen bei den zuständigen Finanzämtern zu stellen. Ein Wegfall der Steuerbegünstigung wäre für viele demokratische Vereine eine existenzielle Bedrohung.

Doppelter Wahlkampf – Wiederholungswahl und Europawahlen

Die großen demokratischen Proteste zum Jahresbeginn überschnitten sich zeitlich mit einem erneuten Wahlkampf in Berlin. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erfolgte in rund einem Fünftel der Wahlbezirke der Stadt am 11. Februar die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl von 2021, die jedoch zu keinen mandatsrelevanten Änderungen führte. Größere Wahlkampfaktivitäten entfalteten die Parteien dann vor allem rund um die Wahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni. Die AfD versuchte neben dem klassischen Straßenwahlkampf insbesondere durch die Teilnahme an Podiumsdiskussionen und Veranstaltungen in Schulen junge Menschen anzusprechen, die ab 16 Jahren an den Wahlen teilnehmen durften.

Schulleitungen, Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte, aber auch Jugendeinrichtungen sahen sich dabei häufig mit der Frage konfrontiert, ob Vertreter*innen der AfD zu solchen Veranstaltungen eingeladen werden müssen. Bereits vor den Wahlen hatte die Fraktion der AfD im Berliner Abgeordnetenhaus ein Meldeportal erneut online gestellt, auf dem Verstöße gegen ein von der AfD behauptetes Neutralitätsgebot an Schulen gemeldet werden sollen. Im Laufe des Jahres erreichten die MBR außerdem zunehmend Beratungs- und Fortbildungsanfragen aus dem Kontext Schule, die aufgrund verschiedenster rechtsextremer Vorfällen in der Schüler*innenschaft, bei Eltern oder im Kollegium die Erarbeitung eines übergreifenden Handlungskonzeptes zum Gegenstand hatten.

Im Ergebnis Europawahlen erzielte die AfD trotz der vorherigen Skandale rund um den Spitzenkandidaten Krah berlinweit 11,6 Prozent (179.303 Stimmen), in den Bezirken Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick erhielt sie die meisten Stimmen unter den angetretenen Parteien. Während das Ergebnis der AfD im östlichsten Bezirk Marzahn-Hellersdorf, wie schon bei vergangenen Wahlen, dem Trend in den östlichen Bundesländern folgte, ähneln die Ergebnisse in Treptow-Köpenick und Lichtenberg, aber auch im westlichen Spandau und Reinickendorf eher dem Bundestrend der AfD. Zugleich blieb die Partei in Berlin auch bei dieser Wahl bei den relativen und absoluten Zahlen weit hinter ihrem bisher besten Ergebnis bei der AGH-Wahl 2016 mit 14,2 Prozent (231.492 Zweitstimmen) zurück. In das Europaparlament zog mit Alexander Sell ein ehemaliger Mitarbeiter der Berliner Fraktionsvorsitzenden Kristin Brinker ein. In seiner Bewerbungsrede für den 15. Listenplatz auf dem Bundesparteitag in Magdeburg fiel Sell mit den migrationsfeindlichen Formulierungen auf, dass die „Leidtragenden der Masseneinwanderung nach Europa“ jene seien, die „mit diesen Barbaren Tür an Tür leben müssen“.

Die Berliner AfD und ihr neurechtes Vorfeld

Berliner AfD-Mitglieder beteiligten sich auch über die Stadtgrenzen hinaus im   Landtagswahlkampf im benachbarten Brandenburg. Die engen Verbindungen nach Brandenburg sind für die Berliner AfD auch deshalb von Bedeutung, weil es an nutzbaren Veranstaltungsorten innerhalb des Berliner Stadtgebietes weiterhin mangelt. So dienten die Räumlichkeiten einer Gaststätte im unmittelbar an Hellersdorf angrenzenden Hoppegarten als Ort für die Durchführung einer neurechten „Alternativen Buchmesse“ des Netzwerks „Idearium“. Am selben Ort hatte bereits zuvor unter Beteiligung von Björn Höcke 2022 die Gründungsveranstaltung des Netzwerks um den Berliner Abgeordneten Thorsten Weiß stattgefunden. Das Netzwerk hat es sich zum Ziel gesetzt, das sogenannte politische Vorfeld enger an die Partei zu binden. Die „Buchmesse“ diente der Vernetzung von rechten Verlagen und Medienprojekten und wurde von Podiumsgesprächen mit Vertreter*innen des ehemaligen „Instituts für Staatspolitik“ und Initiativen wie „Ein Prozent“ begleitet; der Sicherheitsdienst wurde von einschlägigen Rechtsextremen aus Cottbus gestellt.

Räumlichkeiten in Brandenburg benötigte die Berliner AfD zudem für ihren Landesparteitag zur Aufstellung einer Landesliste für die kommende Bundestagswahl im Jahr 2025. Im Brandenburger Jüterbog bestimmte die Partei die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch zur erneuten Spitzenkandidatin in Berlin. Mit der Aufstellung der Liste zeigte sich, dass die Grabenkämpfe, die für eine lange Zeit den Berliner Landesverband geprägt hatten, zurzeit – zumindest nach außen hin – befriedet sind.

Geflüchtetenfeindliche Mobilisierung nimmt (wieder) Fahrt auf

Auf besagtem Landesparteitag am 12. und 13. Oktober zeigte sich zudem, dass auch in dem vorgezogenen Bundestagswahlkampf das rechte Identitätsthema Migration weiterhin Kernthema der Berliner AfD bleiben wird. In einem Leitantrag beschlossen die Delegierten, vor allem auf Bundesebene für weitere Einschränkungen des Asylrechts zu werben, mehr Grenzschutz und Abschiebungen zu fordern und das Landesamt für Einwanderung symbolisch in „Landesamt für Asyl, Einwanderung und Remigration“ umbenennen zu wollen. Ein fast wortgleicher Antrag, der einige Wochen zuvor im Berliner Abgeordnetenhaus eingebrachter wurde, reihte sich in eine Vielzahl von Drucksachen im Berliner Parlament und den kommunalen Bezirksverordnetenversammlungen ein, die von der AfD für migrationsfeindliche Agitation genutzt werden.

Besonders angefacht wurde die Debatte über die Schaffung neuer Unterkünfte für Geflüchtete im März 2024, als der Senat die Errichtung von Unterkünften in Container-Bauweise an 16 Standorten in der Stadt beschloss sowie weitere Standorte prüfte, an denen Immobilien zur Unterbringung genutzt werden könnten. Auch über die AfD hinaus bildeten sich – meist virtuelle – neue Bürgerinitiativen, die sich etwa in Online-Petitionen gegen die Errichtung von benötigten Unterkünften positionierten. Oft zunächst mit Verweis auf infrastrukturelle Mängel, fanden sich in Kommentarbereichen und auf unterstützenden Social-Media-Accounts schnell geflüchtetenfeindliche und rassistische Äußerungen. Wie bereits bei den rassistischen Mobilisierungen in den Jahren 2014 und 2015 versucht die AfD bereits frühzeitig, auf die aufkommenden Proteste aufzuspringen und sich als Gesprächspartnerin und parlamentarischer Arm anzubieten.

Dies war etwa am Rande einer Informationsveranstaltung zu einer geplanten Unterkunft im September im Bezirk Neukölln zu beobachten. Flüchtlingsfeindliche Anwohner*innen starteten aus der Veranstaltung heraus eine Spontanversammlung. Bei deren Abschlusskundgebung hielt der Fraktionsvorsitzende der AfD in der Bezirksverordnetenversammlung einen Redebeitrag, der umgehend über Social Media-Kanäle der Partei verbreitet wurde. Bei diesem Thema versuchte sich die lokale AfD in diesem Jahr zudem besonders im Bezirk Lichtenberg zu profilieren. Im Fokus steht die Nutzung eines ehemaligen Hotelkomplexes zur Unterbringung von über 1.000 Personen, die auch bei den weiteren demokratischen Fraktionen in der BVV sowie der dortigen Fraktion des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) für Kritik sorgt. Bei einer Kundgebung versammelte die Lichtenberger AfD im August unter lautem Gegenprotest rund 200 Demonstrierende im Ortsteil Hohenschönhausen. Darüber hinaus beantragte die Fraktion im September eine Sondersitzung der BVV zur „Flüchtlingskrise in Lichtenberg“, bei der neben einem AfD-Antrag auch eine Große Anfrage des BSW besprochen wurde. Begleitet wurde die Sitzung von dem Besuch der Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch und Roger Beckamp, medial in Szene gesetzt von rechten Video-Journalist*innen der Jungen Freiheit und AUF1.

Im Zusammenhang mit weiteren geplanten Informationsveranstaltungen für Anwohnende, bevorstehenden Fertigstellungen von neuen Unterkünften und dem Einzug von Schutzsuchenden im kommenden Jahr ist zu erwarten, dass die AfD und auch weitere rechtsextreme Akteure ihre flüchtlingsfeindliche Mobilisierung intensivieren werden. Sowohl in den Parlamenten, und auf der Straße, als auch in gesellschaftlichen Diskursräumen werden demokratische Akteure im kommenden Jahr damit konfrontiert sein, dass solidarische Unterstützung von Schutzsuchenden und eine pluralistische und vielfältige Gesellschaft infrage gestellt wird.

Die Debatte um den Umgang mit einem weiteren Machtzuwachs der AfD hat in Berlin zu Überlegungen geführt, den Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin resilienter gegenüber Blockadeversuchen und Versuchen der politischen Einflussnahme zu machen. Mit Blick auf die kommunalen Gremien in Berlin bleibt zudem abzuwarten, wie das Bündnis Sahra Wagenknecht über punktuelle Themenüberschneidungen und gemeinsame Abstimmung hinaus sein Verhältnis zu der rechtsextrem dominierten Partei künftig definieren wird.

Einschüchterungsversuche und ein schwerer Angriff – Der III. Weg und seine Jugendorganisation

Bestimmender Akteur im aktionsorientierten, klassischen parteiförmigen Rechtsextremismus blieb im Jahr 2024 der III. Weg. Insbesondere die erste Hälfte des Berichtsjahres wurde bestimmt von Einschüchterungsversuchen gegen Jugendeinrichtungen sowie tätlichen Angriffen auf politisch Andersdenkende durch Protagonist*innen, die der neonazistischen Kleinstpartei bzw. ihrer Jugendorganisation Nationalrevolutionäre Jugend (NRJ) zuzurechnen sind. Schwerpunkte dieser Aktivitäten bildeten die Bezirke Pankow und Marzahn-Hellersdorf. Höhepunkt war eine organisierte Attacke in Friedrichshain am Bahnhof Ostkreuz am 6. Juli: Eine 15-köpfige Gruppe vermummter und bewaffneter Rechtsextremer griff einen Anreise-Treffpunkt zu einer linken Demonstration an und verletzte zwei Personen erheblich. Neun Rechtsextreme aus dem Parteiumfeld, darunter ein führender Protagonist der Berliner NRJ, wurden als Tatverdächtige ermittelt, ihre Wohnungen wurden am 18. Juli durchsucht.

Die MBR vermittelte in Beratungen und Qualifizierungen den pädagogischen Fachkräften in den von Bedrohungen aus dem Spektrum des III. Wegs und der NRJ  betroffenen Einrichtungen Wissen zur Einschätzung der relevanten Akteure, unterstützte sie bei der Kommunikation mit den Nutzer_innen und bestärkte die Träger bei der Erarbeitung von Sicherheitskonzepten und in der Beibehaltung ihrer klaren professionellen Abgrenzung zum Rechtsextremismus.

Diese Aktionen des III. Weg sind intensivierte Versuche der Rechtsextremen zur Besetzung des öffentlichen Raumes, zu denen das Anbringen von Aufklebern, Plakaten und Sprühereien sowie uniformierte Kampfsport-Trainings auf Grünflächen und teilweise auf kommunalen Sportanlagen zählten. Als bei solch einem Training am 13. Juli im Stadtpark Lichtenberg die Polizei gerufen und die anwesenden Rechtsextremen kontrolliert wurden, konnten verschiedene, teilweise verbotene Waffen sowie Aufkleber mit strafbaren Symbolen sichergestellt werden.

Solche Übungen dienen nicht nur der Raumnahme und der Vorbereitung für gewalttätige Auseinandersetzung mit politischen Gegner*innen, sondern auch zur Vernetzung mit Rechtsextremen aus dem europäischen Ausland sowie der Einbindung von und Wissensvermittlung an interessierten Nachwuchs. Im Auftrag und in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Pankow sensibilisierte die MBR das Platz- und Hallenpersonal der bezirklichen Sportanlagen und informierte im Rahmen einer Veranstaltung nutzende Sportvereine über die Thematik.

Jung, queerfeindlich und gewalttätig – Neue rechtsextreme Jugendgruppen drängen aus den Sozialen Medien auf die Straße

Größere Relevanz für die Berliner Protagonist*innen des III. Weg hatten auch in diesem Jahr Rekrutierungsbemühungen für die Partei. Sie werden belegt durch unregelmäßige Propagandaaktivitäten in Form von Flugblattverteilungen vor Schulen und Jugendeinrichtungen, dazu kommt neuerdings auch eine gezielte Ansprache von jungen Frauen und Mädchen. Dass der Partei bzw. der NRJ dadurch ein gradueller Mitgliederzuwachs gelungen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dürfte sich jedoch in einem überschaubaren Rahmen bewegen. Einzelne personelle Zuwächse sind zudem einer anderen Entwicklung geschuldet: Das spätestens seit Sommer bundesweit zu beobachtende Phänomen von neu entstehenden rechtsextremen Labels im Internet, die vor allem mit Störversuchen gegen CSD-Paraden auf der Straße aktiv wurden, trat ebenfalls in Berlin auf. Hier hat sich der Zusammenschluss Deutsche Jugend Voran (DJV) als relevanter Akteur herausgebildet. Bei mehreren Protagonist*innen dieser Gruppe ist mittlerweile eine Hinwendung zum „III. Weg“ feststellbar, die bislang jedoch nicht dazu geführt hat, dass Aktivitäten für die DJV eingestellt wurden.

Erstmals auf der Straße sind Rechtsextreme mit dem DJV-Label am Rande des Berliner CSD am 27. Juli aufgefallen. Am Potsdamer Platz wurde eine 28-köpfige Gruppe schwarzgekleideter Jugendlicher von der Polizei kontrolliert. Bei der Durchsuchung wurden neben Vermummungsutensilien, Zahnschutz und Handschuhen auch ein Banner mit der Gruppenbezeichnung festgestellt. 14 Personen kamen für den restlichen Tag in einen Unterbindungsgewahrsam, die restlichen Personen wurden vor Ort entlassen, weil sie minderjährig waren. In den Folgewochen bildete sich ein fester Kern von DJV-Anhänger*innen heraus, der sich mehrfach an rechtsextremen Aufmärschen gegen Pride-Paraden in ostdeutschen Städten beteiligte. Zum Teil übernahmen die Berliner Protagonisten dabei auch Funktionen, beispielsweise als Ordner. Als verbindende Elemente innerhalb der Gruppierung scheinen rechtsextreme Einstellungen und Feindbilder sowie eine entsprechende Orientierung zu fungieren, weniger ein geschlossen rechtsextremes Weltbild. Dies macht die DJV bei Jugendlichen mit solchen Einstellungen anschlussfähig – wie dauerhaft das Engagement dann jedoch ist, bleibt abzuwarten.

Neben geteilten Feindbilden scheint auch die Gewaltbereitschaft ein gemeinsamer Nenner zu sein: Am 23. Oktober erfolgten bei neun Anhängern der Gruppierung Hausdurchsuchungen wegen eines tätlichen Überfalls sowie eines Raubes. Bei den Beschuldigten wurden unter anderem Schlagwerkzeuge, Waffen und Pyrotechnik aufgefunden, der 23-jährige „Leiter“ wurde wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft genommen. Erst am Wochenende zuvor hatte die DJV ihren ersten angemeldeten Aufmarsch in Berlin-Marzahn durchgeführt, zu dem rund 120 Teilnehmende mobilisiert werden konnten. Wie handlungsfähig der Zusammenschluss nach der Festnahme und den Durchsuchungen noch ist, lässt sich zum Redaktionsschluss noch nicht abschließend beurteilen. Zentrale Gruppen-Accounts in den Sozialen Netzwerken sind seitdem zumindest nicht mehr aktualisiert worden, jedoch bewerben einzelne Akteure weiterhin rechtsextreme Versammlungen. Es ist offen, ob sich die DJV langfristig als Akteur in Berlin etablieren wird oder lediglich eine temporäre Erscheinung ist und sich ein Teil der Protagonist*innen anderen rechtsextremen Strukturen anschließt.

Kurz vor Jahresende am 14. Dezember versuchte ein neues rechtsextremes Label mit einem Aufzug durch den linksalternativ geprägten Ortsteil Friedrichshain öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen. Beworben wurde der Aufmarsch von randständigen Personen aus dem AfD-Milieu und Protagonisten aus dem DJV-Spektrum. Die ursprünglich geplante Wegstrecke wurde bereits im Vorfeld abgeändert, letztlich erschienen statt der angemeldeten 500 Teilnehmenden nur 63 Personen, überwiegend aus dem Milieu der neuen rechtsextremen Jugendgruppen. Breite Gegenproteste und Blockaden führten dazu, dass auch die abgeänderte Route massiv verkürzt werden musste und der Aufzug nach wenigen hundert Metern vorzeitig abgebrochen wurde.

Immer noch viele Fragen offen – Die Aufarbeitung der rechtsextremen Angriffsserie in Neukölln läuft weiter

Das Agieren militanter Neonazi-Strukturen steht auch weiterhin im Fokus eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus. Die Aufklärung geht im dritten Jahr der Arbeit des Ausschusses nur mühsam voran. Antworten auf zentrale Fragen, die zur Aufklärung der rechtsextremen Angriffsserien im Bezirk Neukölln notwendig wären, hat der Ausschuss bisher nicht geliefert. Die geringe öffentliche Aufmerksamkeit, welche die Ausschussarbeit insgesamt erfährt, führt dazu, dass selbst die Vermutungen eines ehemaligen leitenden Ermittlers über die Weitergabe von Informationen aus der Polizei an Rechtsextreme kaum mediale Aufmerksamkeit erhält. Die Untersuchung wird zusätzlich dadurch erschwert, dass dem Ausschuss relevante Akten nach wie vor nicht zur Verfügung stehen. Der Ausschuss ging hier 2024 in die Offensive und klagt derzeit vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof gegen das Landgericht Berlin auf die Herausgabe von Ermittlungsakten aus dem Gerichtsverfahren gegen zwei Hauptverdächtige.

Die seit September 2024 laufende Berufungsverhandlung gegen die beiden verurteilten Männer vor dem Landgericht endete am 12. Dezember mit einem unerwarteten Urteil: Das Gericht hob die Freisprüche aus der ersten Instanz auf und verurteilte die beiden angeklagten Rechtsextremen nun auch für die PKW-Brandstiftungen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ein weiterer Rechtsextremer, dem im ersten Prozess vor dem Amtsgericht trotz eines vorliegenden Überwachungsvideos zu einer der zur rechtsextremen Angriffsserie zählenden Taten nur Propagandadelikte vorgeworfen worden waren, gab bei seiner Vernehmung als Zeuge vor dem Landgericht an, dass die Generalstaatsanwaltschaft nun doch beabsichtige, Anklage gegen ihn wegen der Beteiligung an Drohsprühereien an und in Wohnhäusern im März 2019 zu erheben. Der öffentlichkeitsscheue Rechtsextreme gilt als politischer Ziehvater eines der Hauptverdächtigen und trat zuletzt im Rahmen von verschwörungsideologischen Protesten gegen die Corona-Maßnahmen in Erscheinung.

Konsolidierung der verschwörungsideologischen Szene: Jahr zwei nach dem Wegfall aller Corona-Beschränkungen

Aus den rechtsoffenen Corona-Protesten sind weiterhin aktive Akteur*innen hervorgegangen, denen es 2024 gelungen ist, über inhaltliche Schwerpunktsetzungen Bündnispartnerschaften zu festigen sowie weitere Räumlichkeiten zur regelmäßigen Durchführung von Veranstaltungen zu gewinnen. Gleichzeitig setzt sich der schon 2023 festgestellte Trend fort, dass es lokalen Protagonist*innen nicht mehr gelingt, eigenständig größere Protestveranstaltungen in Berlin zu organisieren.

Einziger Mobilisierungserfolg war erneut der Jahrestag der Querdenken-Proteste im August, an dem in diesem Jahr etwa 12.000 Personen aus ganz Deutschland und einigen europäischen Nachbarländern teilgenommen haben. Für viele noch aktive Verschwörungsgläubige hatte mit den Protesten zu Beginn der Pandemie eine Politisierung eingesetzt, die bis heute anhält. So dient der Jahrestag nicht nur der Selbstvergewisserung des eigenen Handelns, sondern auch dazu, Aktivist*innen aus anderen Regionen zu treffen. Versuche der lokalen Szene, eigenständig größere Proteste zu initiieren, etwa gegen die Abstimmungen zum Internationalen Pandemieabkommen, brachten im April hingegen trotz überregionaler Mobilisierung nur noch knapp 300 Personen auf die Straße.

Viele Szeneaktivitäten haben sich mittlerweile in Telegramkanäle und auf semiprofessionelle Medienplattformen verlagert. Im Fokus steht hier zurzeit die Aufarbeitung der staatlichen Pandemieschutzmaßnahmen, wobei auf die vermeintlich gesundheitsschädlichen Folgen der Impfkampagne sowie auf die Bestrafung von angeblich Verantwortlichen abgestellt wird. Über den Wunsch nach individueller Bestrafung einzelner Politiker*innen hinaus geht es regelmäßig um die generelle Ablehnung demokratischer Prozesse und Institutionen.

Allerdings ist es insbesondere der AfD gelungen, als verlässliche Partnerin innerhalb der verschwörungsideologischen Szene wahrgenommen zu werden. Hierzu haben relevante Protagonist*innen aus Berlin und Brandenburg beigetragen, die sich der AfD nicht nur inhaltlich geöffnet haben, beide Seiten sind auch organisatorisch aufeinander zugegangen. AfD-Politiker*innen waren nicht nur mit Redebeiträgen vermehrt auf Demonstrationen präsent, sondern wiederholt auch Gesprächspartner*innen auf Social-Media-Kanälen verschwörungsideologischer Aktivist*innen. Umgekehrt nahmen diese als „Expert*innen“ an Veranstaltungen der Partei teil oder berichteten wohlwollend über deren parlamentarische Arbeit, vor allem über die der Brandenburger AfD-Landtagsfraktion.

Verfestigtes Bündnis mit Teilen der traditionellen Friedensbewegung

Ebenfalls gefestigt hat sich die schon länger bestehende Zusammenarbeit mit Teilen der Friedensbewegung. Eine wichtige Rolle hierbei spielt die Berliner Friedenskoordination (Friko), die sich im vergangenen Jahr verschiedenen verschwörungsideologischen Zusammenschlüssen geöffnet hat und diese Kooperation trotz anhaltender Kritik weiter fortsetzt. Gerade für diese im „Bündnis für Frieden“ organisierten Zusammenschlüsse ergeben sich Möglichkeiten der Teilnahme an größeren Protesten, wie zuletzt am 3. Oktober 2024. Mehrere tausend Personen folgten  dem Aufruf eines größeren Bündnisses aus verschiedenen Organisationen, darunter auch solche, die seit Jahren durch eine fehlende Abgrenzung nach rechts sowie durch die Verbreitung von verschwörungsideologischen Narrativen auffallen. Das Bündnis konnte bekannte Bundespolitiker*innen als Redner*innen gewinnen.

Eskalierender Antisemitismus in Berlin – Dokumentierter Höchststand

Akteure aus dem „Bündnis für Frieden“ suchen darüber hinaus auch die Nähe zu Protagonist*innen der aktivistischen israelfeindlichen Protestszene. Die hohe Dichte von Mobilisierungen aus dieser Szene hält 2024 weiterhin an. Bei den Versammlungen kommt es regelmäßig zu antisemitischen Äußerungen und Vorfällen. Dabei sind eine Radikalisierung der Inhalte und zunehmend aggressive Formen des Protestes zu beobachten. Im Februar 2024 sprengten Störer*innen etwa den Auftritt der Direktorin des Jüdisches Museums Frankfurt/M. im Rahmen einer Performance zum Thema Meinungsfreiheit im Kunstmuseum Hamburger Bahnhof. Nach mehreren Besetzungen eines Hörsaals und von Gebäuden an zwei Berliner Universitäten führten die Anfeindungen gegen den Berliner Kultursenator zu einem Farbangriff auf sein Wohnhaus. Bei einem Brandanschlag auf eine Kneipe in Neukölln im gleichen Monat fanden sich ein gesprühtes „Hamas-Dreieck“ sowie Glorifizierungen des militärischen Arms der Hamas. Die Zahlen zu antisemitischen Straftaten sowie die bei der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS Berlin) gemeldeten antisemitischen Vorfälle haben im Jahr 2024 einen neuen Höchststand erreicht.

Die Auseinandersetzung im Spannungsfeld von Rassismus und Antisemitismus ist 2024 zu einem Querschnittsthema in der Beratungs- und Qualifizierungsarbeit der MBR geworden. Das Bedürfnis nach inhaltlicher Orientierung ist in allen Bereichen der Stadtgesellschaft hoch. Die MBR erhielt eine Vielzahl von Anfragen von jüdischen oder antisemitismuskritischen Personen und Einrichtungen. Thema war meist der Umgang mit Einschüchterungen, Bedrohungen und Angriffen. Eine relativ neue Strategie war der Versuch der gezielten Einschüchterung von Engagierten durch das Sammeln und Veröffentlichen persönlicher Daten in den Sozialen Medien, das sogenannte Doxxing. Außer aus privaten Kontexten wurde die MBR vor allem aus den Bereichen Kunst und Kultur, Hochschulen und Schulen angefragt. Ihre Angebote zum Umgang mit Einschüchterungen und Bedrohungen wird die MBR im Jahr 2025 sichtbarer machen. Bewährte Strategien zum Umgang mit Veranstaltungsstörungen werden bereits auf die aktuelle Situation angepasst, zudem werden Angebote zur Erstellung eines „Code of Conduct“ erweitert.

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Berlin 2024: Zwischen Renaissance und Normalisierung

2024 war in Berlin geprägt von politischer Instabilität, neuer, rechtsextremer Jugendgruppen und einem Höchststand antisemitischer Vorfälle.

Belltower.News

„Wir vermitteln zwischen Menschen“: Warum Kölner Übersetzer keine Angst vor der KI haben

„Wir vermitteln zwischen Menschen“Warum Kölner Übersetzer keine Angst vor der KI haben

Von

Charlotte Groß-Hohnacker

27.12.2024, 13:57 Uhr

Lesezeit 4 Minuten

Peter Klöss, Übersetzer für Italienisch und Englisch, findet die Übersetzungen von KI eintönig.

Copyright: Charlotte Groß-Hohnacker

Jeder kann heute mit seinem Handy übersetzen. Der Beruf des Übersetzers scheint durch KI ersetzbar. Zwei Kölner Übersetzer halten dagegen.

Einen Übersetzer hat heute jeder in der Hosentasche – sei es DeepL, ChatGPT oder den Google-Translator. Ein Foto genügt und die Speisekarte im Urlaub wird in Sekunden vom Handy übersetzt. Hat der Beruf des Übersetzers also bald ausgedient? Schon 2018 prophezeite der damalige SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil das Ende des Berufs durch Künstliche Intelligenz (KI). Der „Klingbeil-Knick“ ließ die Studienzahlen im Bereich Übersetzung tatsächlich dramatisch sinken.

Ralph Krüger, Professor für Sprach- und Übersetzungstechnologie an der Technischen Hochschule Köln, kennt das Thema gut: „Die Leistungsfähigkeit aktueller KI-Technologien verleitet zu der Annahme, Übersetzen sei ein gelöstes Problem. Es entsteht der Eindruck: ChatGPT und Co. übernehmen das jetzt.“

Beruf des Übersetzers: Unsichtbare Arbeit im sozialen Kontext

Übersetzerinnen und Übersetzer kämpfen schon lange damit, dass ihre Arbeit nicht sichtbar ist. Für Außenstehende mag es so wirken, als könne man ihre Tätigkeit problemlos durch Maschinen ersetzen.

Doch laut Krüger ist Übersetzen weit mehr als ein simples Übertragen von Wörtern: „Übersetzer sind auch Kulturvermittler. Texte existieren nicht im Vakuum. Während KI lediglich Sprachzeichen verarbeitet, verstehen wir Menschen Inhalte im sozialen Kontext – das kann eine Maschine nicht.“

In Japan etwa werden Geschäftseinladungen ganz anders formuliert als in Deutschland. Solche kulturellen Nuancen kann KI kaum erfassen.

Ralph Krüger betrachtet die Arbeit mit KI nicht als einen Wettstreit zwischen Mensch und Maschine, sondern als eine Chance zur unterstützenden Zusammenarbeit.

Copyright: Charlotte Groß-Hohnacker

Beispiel aus der Praxis:

Ausgangstext: The software can download several files simultaneously and resume unfinished files.

Maschinelle Übersetzung (DeepL): Die Software kann mehrere Dateien gleichzeitig herunterladen und nicht abgeschlossene Dateien wieder aufnehmen.

Professionelle menschliche Übersetzung: Die Software kann mehrere Dateien gleichzeitig herunterladen und den Download von noch nicht vollständig heruntergeladenen Dateien wieder aufnehmen.

Bessere Zeiten

Peter Klöss, Übersetzer aus Köln, hat in den 1990er-Jahren angefangen, italienische Bücher zu übersetzen – eine Zeit, in der sich Übersetzer gut über Wasser halten konnten und der Buchmarkt nach neuen, jungen italienischen Autoren geradezu hungrig war.

Neben Italienisch übersetzt er mittlerweile auch aus dem Englischen und hat an Bestsellerprojekten wie der „Tribute von Panem“-Reihe mitgearbeitet.

Während es in den 1990er-Jahren noch gut lief, stehen viele Übersetzer heute unter Druck – Verlage zögern aufgrund der hohen Übersetzungskosten oft, in fremdsprachige Literatur zu investieren. „Wenn ein Buch nur tausendmal verkauft wird, wird es für den Verlag schnell teuer. Da müssen sie genau abwägen“, sagt Peter Klöss.

KI besitzt nicht das nötige Feingefühl

Aylin Andaç-Can, Inhaberin eines Kölner Übersetzungsbüros, übersetzt und dolmetscht zwischen Türkisch und Deutsch. Sie arbeitet hauptsächlich für Gerichte und Behörden. Dabei zählen für sie Genauigkeit und das kulturelle Verständnis: „Eine KI hat nicht das Feingefühl für moralische und ethische Nuancen. Sie übersetzt Worte, aber wir vermitteln zwischen Menschen“, erklärt auch sie.

Aylin Andaç-Can dolmetscht auch bei Gericht. Dort muss alles zu 100 Prozent verstanden werden.

Copyright: Charlotte Groß-Hohnacker

Gerade in emotionalen oder konfliktreichen Situationen sei Fingerspitzengefühl gefragt: „Wenn Person A etwas schroffer ausdrückt, versuche ich, es im Ton zu mildern, damit die Kommunikation erhalten bleibt. Das kann KI nicht.“

KI und händisches Übersetzen muss sich aber nicht gegenseitig ausschließen, so nutzt Andaç-Can KI bei der Recherche nach einzelnen Wörtern – das sei zeitsparend.

Ralph Krüger ist überzeugt, dass KI in Zukunft eine sinnvolle Ergänzung sein könnte: „Wir haben auch in unserem Bereich einen Arbeitskräftemangel und im Idealfall kann durch KI-Unterstützung die Übersetzungsproduktivität gesteigert werden.“

Nachbearbeitung – ein mühsamer Prozess

Im beruflichen Alltag hat KI jedoch auch ihre Tücken. Einen kompletten Text von einer KI übersetzen zu lassen und dann nachträglich zu bearbeiten, empfinden viele Übersetzer als mühsamer, als direkt vom Originaltext aus zu arbeiten.

Das liegt auch am sogenannten Priming-Effekt: Wer einen maschinellen Text liest, wird oft unbewusst davon beeinflusst und hat es schwerer, den Text kreativ oder frei nach eigenen Vorstellungen umzuformulieren.

Die KI sei sagenhaft schnell, sagt Peter Klööss. Ein Buch mit 500 Seiten übersetze DeepL in nicht einmal zehn Minuten. Damit sei man im literarischen Bereich aber längst nicht am Ziel: „Die maschinengenerierten Texte klingen beim ersten Lesen oft ganz okay, aber bei näherer Betrachtung treffen sie meist haarscharf daneben oder auch gar nicht. Oft führen sie den Übersetzer mit ihrer Vorgabe stilistisch auf Abwege, was bei einer selbst angefertigten Roh-Übersetzung weniger leicht passiert.“

Der Übersetzer hat die Technologie für sich getestet und kommt zum Schluss: „Am Ende muss man Satz für Satz und Wort für Wort darauf durcharbeiten, ob es auch der stimmige Satz, das stimmige Wort ist. Bei 500 Seiten ist das extrem ermüdend und macht im Grunde nur mehr Arbeit.“

Auch Andaç-Can sieht das so: „Menschen sprechen nicht in perfekten Sätzen; oft bleibt ein Satz einfach stehen. In solchen Momenten greift KI zu kurz.“ Die Arbeit bleibt ein Balanceakt zwischen traditionellem Handwerk und digitalen Hilfsmitteln.

#keine #kolner #menschen #ubersetzer #vermitteln #warum #zwischen

Charlotte Groß-Hohnacker | Kölner Stadt-Anzeiger

Kölner Stadt-Anzeiger

National Once Only Technical System: Staatsvertrag überbrückt Gräben zwischen Verwaltungen

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

National Once Only Technical SystemStaatsvertrag überbrückt Gräben zwischen Verwaltungen

Auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin beschlossen Bund und Länder den Staatsvertrag für das National Once Only Technical System. Damit wollen sie die technische Infrastruktur schaffen, um Registermodernisierung und Verwaltungsdigitalisierung anzuschieben.


12.12.2024 um 17:20 Uhr
Esther Menhard – in Öffentlichkeitkeine Ergänzungen Die Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD, Rheinland-Pfalz) und Michael Kretschmer (CDU, Sachsen) erwähnten auf der Pressekonferenz zur MPK den Staatsvertrag zum NOOTS nur am Rand. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO/Bernd Elmenthaler

Neben den großen Themen Rundfunk-Beiträge und Migrationspolitik stand bei der Ministerpräsidentenkonferenz die Digitalisierung der Verwaltung auf der Agenda. Dabei ging es um nichts weniger als die neue „Datenautobahn“, so die Einschätzung der Senatskanzlei Hamburg auf Anfrage von netzpolitik.org. Die Rede ist vom sogenannten National-Once-Only-Technical-System, kurz NOOTS. Über das System sollen Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen Daten untereinander austauschen können. Gestern beschlossen Bund und Länder den dazugehörigen Staatsvertrag.

Vorgabe für das NOOTS ist die EU-Verordnung zum Single-Digital-Gateway und das europäische Once-Only-Technical-System (EU-OOTS). Nach dem Once-Only-Prinzip sollen Bürger:innen und Unternehmen der Verwaltung ihre Daten ein einziges Mal übermitteln und nicht stets erneut angeben müssen. Stattdessen können sie den Behörden erlauben, die Daten in den Registern abzufragen, ohne Bürger:innen und Unternehmen zu involvieren. Der Staatsvertrag ist die Voraussetzung für grenzüberschreitende Nachweisabrufe innerhalb der EU.

Dafür wollen Bund und Länder eine IT-Infrastruktur aufbauen, in der alle öffentlichen Stellen unabhängig vom Ressort und ebenenübergreifend Daten und Nachweise abrufen können. Eine Schwierigkeit ist die dezentrale Organisation von Datenbeständen der deutschen Verwaltung. Zum NOOTS sollen laut Architektur-Zielbild für das Jahr 2025 Komponenten wie die Registerdaten-Navigation, das Identitäts- und Zugangsmanagement für Behörden sowie das Identitätsmanagement für Personen und das Datenschutzcockpit gehören. Gerade letzteres kritisieren Fachleute massiv.

Verteilen von Aufgaben und Kosten

Den Betrieb des NOOTS soll das Bundesverwaltungsamt übernehmen, das dabei auf einen öffentlichen IT-Dienstleister setzen wird. Zudem wird das Bund-Länder-Gremium, der IT-Planungsrat, eine Steuerungsgruppe NOOTS einrichten. Die soll über Anschlussbedingungen, Betrieb und Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur entscheiden.

Finanzieren werden das Mammutprojekt Bund und Länder gemeinsam. Für die Jahre 2025 und 2026 greifen sie dabei zu hundert Prozent auf das Budget für die Föderale IT-Kooperation (FITKO) zu, ab 2027 wollen sie 53,4 Prozent der Gesamtkosten mit Mitteln aus dem FITKO-Budget decken, 46,6 Prozent soll der Bund tragen. Wie hoch die Kosten für das NOOTS ausfallen werden, ist jedoch noch nicht absehbar, wie etwa Brandenburg anmerkt.

Dass der Bund sich an der Finanzierung mit gut 47 Prozent beteiligen will, begrüßen vor allem Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Gleichzeitig kritisieren die Länder, wie die Koordination der Zuständigkeiten im Staatsvertrag festgeschrieben ist. Die vorgegebenen Entscheidungswege seien „zu aufwändig“ und könnten „die Umsetzung des NOOTS im Weiteren unnötig verzögern“. Was im Einzelnen damit gemeint ist, ist noch unklar, da der Text des Staatsvertrages noch nicht veröffentlicht ist.

Warum überhaupt ein Staatsvertrag?

Für das NOOTS braucht es eine Rechtsgrundlage, entweder als Änderung des Grundgesetzes oder als Staatsvertrag. Denn grundsätzlich enthält das Grundgesetz ein Verbot der Mischverwaltung, die Bundes- und Landesverwaltungen arbeiten eigenständig und auch die Verwaltungszuständigkeiten sind voneinander getrennt.

Zwar ist im Grundgesetz angelegt, dass Bund und Länder für den Aufbau gemeinsamer informationstechnischer Systeme miteinander kooperieren. Die Ausgestaltung der Zusammenarbeit für das NOOTS erfolgt jedoch erst ausschließlich durch den Staatsvertrag. Im Gespräch war noch im Sommer eine Grundgesetzänderung, damit der Bund die alleinige Kompetenz für den Betrieb des NOOTS erhält. Dafür gab es im Bundestag jedoch keine Mehrheiten.

Damit der Staatsvertrag in Kraft tritt, müssen die Bundesregierung und die Länder ihn noch förmlich zeichnen. Und die Landesparlamente sowie der Bundestag müssen ihn noch ratifizieren.

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Author: Esther Menhard

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National Once Only Technical System: Staatsvertrag überbrückt Gräben zwischen Verwaltungen

Auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin beschlossen Bund und Länder den Staatsvertrag für das National Once Only Technical System. Damit wollen sie die technische Infrastruktur schaffen, um Registermodernisierung und Verwaltungsdigitalisierung anzuschieben.

netzpolitik.org

CDU, SPD und FDP mit gemeinsamem Antrag zur Ost-West-Achse – Tunnel zwischen Deutz und Lindenthal soll kommen

6. December 2024

Die U-Bahn soll Teil eines neuen Metroliniennetzes sein, mit dem das bisherige System der sogenannten Unterpflasterbahnen in den kommenden Jahrzehnten ergänzt wird. Hier sollen Bahnen vom übrigen Verkehr unabhängig besonders zuverlässig und schnell Köln mit der Region verbinden. Eine erste Linie könnte mit der vollständigen Inbetriebnahme der Nord-Süd-Stadtbahn von Thielenbruch nach Bonn-Bad-Godesberg verkehren.

Um nicht nur die bestehenden Linien auf der Ost-West-Achse unter die Erde zu verlegen, soll als Kapazitätserweiterung eine gewöhnliche Straßenbahn den bisherigen Linienweg zwischen Porz über die Deutzer Brücke oberirdisch über Heu- und Neumarkt und die Zülpicher Straße nach Sülz bedienen. Damit entfällt die von der Stadtverwaltung geplante Untertunnelung des Mauritiusviertels.

Auch weitere Optimierungen der Planungen schlägt das U-Bahn-Bündnis vor. So soll der Tunnel bis zum Friedhof Melaten verlängert werden, um die Kreuzung mit der Universitätsstraße zu unterfahren. Auch die Verknüpfung mit der künftigen S-Bahn-Station am Belgischen Viertel wird verbessert. Die unterirdischen Haltestellen am Rudolfplatz und Neumarkt sollen einfacher und benutzerfreundlicher geplant werden.

Bernd Petelkau, Vorsitzender, Niklas Kienitz, stadtentwicklungspolitischer Sprecher, und Teresa De Bellis, Verkehrspolitische Sprecherin, erklären dazu für die CDU-Fraktion: „Der Tunnel bietet eine einmalige Chance, Köln mutig, nachhaltig und verantwortungsbewusst, weiterzuentwickeln. Unser Antrag versteht das Projekt als Teil eines größeren Konzepts, das den Nahverkehr stärkt und öffentliche Räume und insbesondere die Plätze zu pulsierende Herzstücken der Stadtgestaltung macht. Wir vereinen Mobilität und Lebensqualität und bieten eine zukunftsorientierte Lösung für Generationen von Kölnerinnen und Kölnern.“

SPD-Fraktionschef Christian Joisten betont für die Sozialdemokraten: „Zukünftig werden mehr Menschen schneller und bequemer mit der KVB fahren. Weniger Unfälle und mehr Pünktlichkeit machen die KVB zu einer echten Alternative zum Auto. Oberirdisch bietet sich die Chance für mehr lebenswerten öffentlichen Raum zum Wohlfühlen und Verweilen. Das vorliegende Metro-Konzept entspricht nahezu 1:1 der Forderung aus dem SPD-Wahlprogramm von 2020.“

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion Volker Görzel und Ralph Sterck, bei den Liberalen Sprecher für Stadtentwicklung, freuen sich: „Wir sind froh, dass wir über den reinen Innenstadt-Tunnel räumlich und zeitlich hinauszublicken. Köln hat damit die Chance, im Sinne der Fahrgäste mit Metrolinien ein neues Level eines leistungsfähigen und attraktiven ÖPNVs zu erreichen, wie wir es aus anderen Metropolen kennen und schätzen. Und Lindenthal bekommt einen angemessenen Anschluss an die Innenstadt.“

Die Initiative soll in der kommenden Woche in den Verkehrsausschuss und den Rat eingebracht werden. Die drei antragstellenden Fraktionen laden die übrigen demokratischen Fraktionen, Gruppen und Ratsmitglieder ausdrücklich ein, den Antrag und die Idee einer Weiterentwicklung des KVB-Schienennetzes mit ihrem Know-how und ihrer Stimme zu unterstützen.

KölnSPD
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