Neues Ministerium: Digitalisierung ist mehr als Faxverbot
Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.
Neues Ministerium: Digitalisierung ist mehr als Faxverbot
Schwarz-Rot will ein Digitalministerium errichten. Das ist weder ein Problem noch eine Lösung, aber auf vier Dinge dabei kommt es an. Ein Kommentar.
15.04.2025 um 13:37 Uhr
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Anna Biselli – in
Demokratie –
2 Ergänzungen Nur weil es nicht mehr auf Papier ist, ist es noch lange nicht fertig digitalisiert.
– Alle Rechte vorbehalten Frau am Schreibtisch: IMAGO / Design Pics, Bearbeitung: netzpolitik.org Bis zur vorletzten Seite des Koalitionsvertrag muss man kommen, um zu erfahren: Unter der mutmaßlich nächsten Bundesregierung, einer schwarz-roten Koalition, soll es ein Digitalministerium geben. Genauer gesagt ein Ministerium für „Digitalisierung und Staatsmodernisierung“ unter Führung der CDU.
Weniger versteckt als im Papier selbst war das neue Ministerium bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages. Die Faxgeräte im Land müssten „entsorgt“ werden, rief der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil aus. Der Digitalbranchenverband Bitkom freut sich über einen „Meilenstein“. Ist es das?
Das Für und Wider eines Digitalministeriums zu erörtern, wäre anachronistisch. Ich würde behaupten: Am Ende ist es fast egal, ob es ein Digitalministerium gibt oder das Digitale weiter an ein anderes Ministerium angeflanscht ist. Aber vielleicht ist es eine Chance, Fehler der Digitalisierungspolitik aus dem letzten Jahrzehnt nicht noch einmal zu machen. Auf vier Dinge wird es dabei besonders ankommen.
Zuständigkeit und Budget
Erstens: Ein Digitalministerium hat klare Zuständigkeiten und Kompetenzen. Es darf nicht wie bisher der Digitalausschuss im Bundestag ein nettes, aber am Ende harmloses Beiwerk sein. Es braucht bei wichtigen digitalrelevanten Themen die Federführung und nicht nur eine beratende Rolle. Um das damit verbundene Kompetenzgerangel wird die zukünftige Leitung niemand beneiden: Die Verwaltungsdigitalisierung war bisher im Innenministerium angesiedelt, der Breitbandausbau beim Verkehr, die Startup-Förderung bei der Wirtschaft und über IT-Sicherheitsfragen blockierten sich die Ressorts gern gegenseitig.
Zweitens: Ein Digitalministerium hat ein eigenes Budget und muss bei digitalrelevanten Budgets der anderen mitreden dürfen. Ein Digitalbudget gehört zu der langen Liste an Dingen, die die Ampelregierung versprochen, aber nicht umgesetzt hatte. Es ist nicht nur wichtig, damit Geld für Digitalisierungsvorhaben zur Verfügung steht. Es ist vor allem relevant, um Doppelausgaben zu vermeiden und ressortübergreifende Projekte zu steuern. Gerade wenn sich das geplante Infrastruktur-Sondervermögen von 500 Milliarden Euro materialisiert, gibt es viel Potenzial – sowohl um gezielt zu investieren als auch ziellos Geld zu versenken.
Mehr als Wirtschaft und Verwaltung
Drittens: Ein Digitalministerium darf sich nicht nur auf die Abschaffung von Faxgeräten beschränken. Das Faxbild mag zwar Meme-tauglich geworden sein, was den deutschen Digitalisierungsstatus angeht, aber es offenbart auch ein beschränktes Verständnis von dem, was Digitalisierung eigentlich ist: Nämlich mehr als eine verschleppte Aufgaben-Liste, die irgendwann abgearbeitet ist. Auch wenn niemand mehr im Bürgeramt anstehen muss, sind wir nicht „fertig digitalisiert“.
Wenn wir über Digitalisierung nur als Pflichtprogramm sprechen, vergessen wir etwas. Digitalisierung ist kein Prozess mit einem festgelegten Ziel, sondern ein Werkzeug. Und wir können dieses Werkzeug nutzen, um die Welt zu gestalten.
Das führt zum vierten Punkt: Ein Digitalministerium muss sich um mehr als Wirtschaft und Verwaltung kümmern. Digitalpolitik ist Gesellschaftspolitik. Dazu gehören auch Fragen von Teilhabe, Kultur, Bildung, Grund- und Freiheitsrechten und vielem mehr. Das Ministerium muss all das vom Gemeinwohl her denken. Die digitale Zivilgesellschaft steht sicher bereit, ihre Expertise mit einzubringen.
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Author: Anna Biselli
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