LiLA.NDS – die Landesinitiative Langzeitarchivierung Niedersachsen
Ohropax-Skizzen in retrodigitalisierten Skizzenbüchern, Dissertationen über Hundefutter und Forschungsdaten zur Gensequenz der Schlafbeere – diese kleine Auswahl lässt bereits die Breite an digitalen Schätzen erahnen, die in niedersächsischen Bibliotheken, Museen und Forschungseinrichtungen vorhanden sind.
Die vielfältigen Bestände können Born-Digital oder Retrodigitalisate sein und auf Servern, Festplatten oder (mitunter obskuren) externen Datenträger liegen.
Sie gelangen auf ganz unterschiedlichen Wegen in die Einrichtungen: Als (digitale) Pflichtabgaben, durch Erwerbung, im Rahmen von Forschungskooperationen oder weil sie von Forschenden oder Privatpersonen zur dauerhaften Sicherung übergeben werden.
Häufig handelt es sich dabei um einzigartige digitale Objekte, deren Erhalt von besonderem Interesse ist.Die Langzeitarchivierung (LZA) digitaler Bestände ist jedoch komplex und erfordert spezifische Kompetenzen in den Einrichtungen – nicht zuletzt aufgrund des Zusammenspiels technischer, organisatorischer und rechtlicher Faktoren.
Viele Institutionen verfügen nicht über die notwendigen personellen oder zeitlichen Ressourcen, sich intensiv mit der Umsetzung der LZA zu befassen. Denn damit diese Bestände auch zukünftigen Generationen erhalten bleiben, müssen digitale Objekte dauerhaft nutzbar, interpretierbar und zugänglich sein, und das in einer sich dynamisch entwickelnden (technischen) Welt.
Genau hier setzt die Landesinitiative Langzeitarchivierung Niedersachsen (kurz LiLA) an.
Was ist LiLA?
LiLA ist ein Kooperationsprojekt, in dem rund 30 Hochschul-, Universitäts-, Landesbibliotheken und -museen in Niedersachsen gemeinsam mit der TIB als Koordinatorin und Technologiepartnerin die Grundlagen für eine nachhaltige digitale Langzeitarchivierung schaffen.
Das Projekt wird seit dem 1. April 2025 durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) gefördert und läuft bis zum 30. März 2030.
Diese Anschubfinanzierung des Landes dient dazu, alle beteiligten Institutionen beim Auf- bzw. Ausbau notwendiger Strukturen und Prozesse zu unterstützen, um bedeutsame Bestände zu archivieren oder für eine Archivierung vorzubereiten.
Dabei verfolgt die Landesinitiative mehrere Ziele:
Wissen und Kompetenzen aufbauen
Die beteiligten Einrichtungen erwerben Kompetenzen rund um die digitale Langzeitarchivierung: Von der Bewertung der Archivwürdigkeit und Priorisierung über empfohlene Datenmanagementpraktiken bis hin zur Qualitätssicherung.
Ausgewählte Bestände archivieren
Alle Einrichtungen können priorisierte Bestände mit der Unterstützung der TIB für die LZA vorbereiten, sodass archivierungsbereite Datenpakete in ein LZA-System abgegeben werden können. Hierfür steht ihnen das etablierte Langzeitarchivierungssystem „Rosetta“ der TIB zur Verfügung, wodurch auf eine bewährte Infrastruktur zurückgegriffen werden kann.
Kosten- und Budgetdaten erheben
Ein zentrales Ziel ist die Ermittlung verlässlicher Kennzahlen zu den entstehenden Kosten für die digitale Langzeitarchivierung. Diese Daten bilden eine wichtige Grundlage für künftige Entscheidungen im Landeshaushalt.
Community und Sichtbarkeit stärken
Durch gemeinsame Arbeitsgruppen, Austauschformate und Öffentlichkeitsarbeit entsteht eine „Praxisgemeinschaft“, die das Thema LZA langfristig in Niedersachsen verankert.
Eine Auflistung der an LiLA beteiligten Einrichtungen gibt es auf der Projektwebsite: https://projects.tib.eu/lila-nds/projektkonsortium/
Als Vorbereitung der Landesinitiative fand im Mai 2024 ein zweitägiger Workshop mit allen Institutionen, dem MWK und der Verbundzentrale des GBV (VZG) in Hannover statt, in dem die Voraussetzungen und Bedarfe des Projekts erarbeitet wurden, um eine kooperative Realisierung zu gewährleisten. So konnten alle Akteur:innen im Vorfeld über Projektziele- und strukturen sowie geeignete Beteiligungsformen sprechen und die Rahmenbedingungen gemeinsam festlegen.
Projektstruktur und Vorgehen
Das Projekt ist zeitlich gestaffelt: Jede teilnehmende Einrichtung durchläuft eine etwa einjährige Bearbeitungsphase. Pro Jahr werden jeweils sechs Einrichtungen in enger Zusammenarbeit mit der TIB bei der Umsetzung begleitet.
Je nach Ausgangslage und Bedarf wählen die Einrichtungen eines von vier Service-Modellen:
Beratung: Im Rahmen des Service-Modells Beratung liegt der Schwerpunkt auf dem Kompetenztransfer. Die Einrichtungen erhalten Grundlagenwissen zur digitalen Langzeitarchivierung durch Workshops, Leitfäden und Online-Kurse. Ergänzend werden Empfehlungen für geeignete Prozesse und Richtlinien vermittelt, um die LZA langfristig in den Arbeitsabläufen zu verankern.Strukturaufbau: Das Modell Strukturaufbau unterstützt die Einrichtungen beim Aufbau technischer und organisatorischer Strukturen. Dazu gehören unter anderem Qualitätskontrollen anhand von Testdatensätzen sowie die Vorbereitung von Datenpaketen, die anschließend in ein Langzeitarchiv überführt werden können.Preservation-as-a-Service (individuell): Im Service-Modell Preservation-as-a-Service (individuell) bietet die TIB ein Full-Service-Paket an, welches von der Beratung und Datenaufbereitung bis hin zum Ingest in das Langzeitarchivsystem Rosetta reicht. Den Abschluss bildet ein sogenannter Ingestreport, der die Ergebnisse des Prozesses dokumentiert.Preservation-as-a-Service (kollektiv): Das Modell Preservation-as-a-Service (kollektiv) setzt auf die gemeinsame Umsetzung im Verbund mit anderen Einrichtungen, die die gleichen Systeme an das TIB-LZA-System anbinden. Dadurch entstehen Synergien, Austauschmöglichkeiten und ein koordiniertes Vorgehen, von dem alle Beteiligten profitieren.Die heterogenen Voraussetzungen der Einrichtungen, etwa in Bezug auf technische Ausstattung, Personalressourcen und Vorerfahrungen, erfordern jeweils angepasste Umsetzungspläne. Auch die Vielfalt digitaler Bestände hinsichtlich Formaten, Struktur und Erschließung beeinflusst Standardisierungs- und Qualitätssicherungsprozesse. Ein Schwerpunkt der jeweils individuellen Umsetzung liegt daher auf der Datenaufbereitung und Strukturprüfung, bevor die Bestände an ein Archiv übergeben werden, um sie langfristig nutzbar und überprüfbar zu halten.
Sogenannte Andockprojekte ermöglichen die gezielte Vorbereitung notwendiger Vorarbeiten zur LZA-Umsetzung und werden im engen Austausch mit dem Kernprojekt stehen. Drei Andockprojekte werden ab dem 1. Januar 2026 starten. Diese Projekte werden vom Georg-Eckert-Institut, dem Filminstitut Hannover von der Hochschule Hannover sowie von der VZG durchgeführt werden. Das letztgenannte Projekt koordiniert und realisiert die Anbindung der in LiLA beteiligten Landesmuseen. Darüber hinaus ist die VZG auch für das Kernprojekt eine wichtige technische Partnerin, die zum Beispiel Schnittstellen konfiguriert und so die Anbindung der von ihr betriebenen Systeme an das LZA-System der TIB ermöglicht.
Obwohl die TIB intensiv beim Aufbau der notwendigen Strukturen unterstützt, verbleibt die Verantwortung für die digitalen Bestände bei den jeweiligen Einrichtungen. Ziel ist, dass sie nach Projektende eigene Archivierungsstrategien selbstständig weiterentwickeln und umsetzen können. Dafür muss Wissen nicht nur vermittelt, sondern auch nachhaltig im Arbeitsalltag verankert werden.
Was wurde bereits erreicht?
LiLA ist bereits in vollem Gange. Im Sommer 2025 begann die Bearbeitung der ersten sechs Einrichtungen und damit die Arbeit der ersten Projektkohorte. In den vergangenen Monaten fanden dazu mehrere Austauschtreffen zwischen der TIB und den einzelnen Einrichtungen statt, bei denen die jeweiligen Ausgangssituationen und Herangehensweisen im Detail besprochen wurden.
Aktuell bereiten die Einrichtungen gemeinsam mit der TIB die Erstellung eines individuellen Strukturkonzepts vor. Grundlage hierfür bilden die Ergebnisse einer Analyse ausgewählter Testdaten, um die Datenqualität zu prüfen und herauszufinden, welche Anpassungen gegebenenfalls vor dem Ingest ins Langzeitarchivierungssystem notwendig sind. Alle sechs Einrichtungen der ersten Kohorte sind am Service-Modell „Preservation-as-a-Service“ interessiert. Dies zeigt, wie groß der Bedarf an einer praxisnahen, gemeinschaftlich begleiteten Umsetzung ist.
Auch auf strategischer Ebene hat sich einiges getan: Die Steuerungsgruppe hat ihre Arbeit aufgenommen. Sie besteht aus Vertreter:innen der ersten Kohorte und begleitet das Projekt beratend. Das Gremium sorgt dafür, dass die Interessen der beteiligten Einrichtungen berücksichtigt werden und gemeinsame Entscheidungen im Projektverlauf abgestimmt erfolgen.
Außerhalb der ersten Kohorte gehen die Vorbereitungen der im Kernprojekt beteiligten Bibliotheken ebenfalls voran. Insgesamt 17 Erstgespräche haben bereits stattgefunden. Diese Gespräche dienen dazu, die individuellen Rahmenbedingungen, Bedarfe und Ziele der Einrichtungen zu erfassen und gemeinsam die nächsten Schritte zu planen. Anschließend folgen die Kick-off-Workshops, in denen Grundlagenwissen zur digitalen Langzeitarchivierung vermittelt und die Ergebnisse der repräsentativen Testdatenanalyse besprochen werden. So erhalten die Einrichtungen einen praxisnahen Einblick in die Anforderungen und Aufwände der LZA. Diese Erkenntnisse liefern eine wertvolle Basis, um die weiteren Projektphasen innerhalb des Konsortiums planen zu können.
Was will LiLA leisten?
LiLA trägt dazu bei, digitale Kulturgüter langfristig zu sichern und stärkt damit Niedersachsen als Forschungs- und Kulturstandort. Durch den Aufbau von Netzwerken und den Austausch in Arbeitsgruppen sollen gemeinsame Lösungen und Best Practices entstehen. Aufgrund der weiter zunehmenden Relevanz des dauerhaften Erhalts von Forschungsdaten wird außerdem die Vernetzung mit der Landesinitiative Forschungsdatenmanagement Niedersachsen angestrebt, um Empfehlungen zur LZA für Forschungsdaten abzustimmen.
Auch über Niedersachsen hinaus sucht LiLA den Austausch – etwa mit anderen LZA-Verbünden oder Kund:innen der Preservation-as-a-Service-Dienstleistung. So können aktuelle Entwicklungen, Erfahrungen und Standards in die Arbeit einfließen. Gleichzeitig teilt LiLA die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen, um den Wissenstransfer auch über die Landesgrenzen hinaus zu fördern.
Blogreihe „LiLA.NDS“
Im Rahmen einer begleitenden Blogreihe werden wir regelmäßig über den Projektfortschritt berichten. Auf diese Weise erhalten Interessierte außerhalb des Projektkonsortiums Einblicke in die Arbeit von LiLA. In den kommenden Beiträgen stellen sich die beteiligten Einrichtungen vor, berichten über ihre zu archivierenden Bestände und erläutern, warum die digitale Langzeitarchivierung für sie von besonderer Bedeutung ist. Damit stellt die Blogreihe eine wichtige Säule in der geplanten Wissensbasis dar, die es dem Projekt ermöglicht, Best Practices vorzustellen und Einblicke in die Umsetzungsphase zu geben.
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