FLUTENDER, groß-
zelliger Schlafbau.

Jede
Zwischenwand von
Graugeschwadern befahren.

Es scheren die Buchstaben aus,
die letzten
traumdichten Kähne –
jeder mit einem
Teil des noch
zu versenkenden Zeichens
im
geierkralligen Schlepptau.

Aus: #Atemwende (1967)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

HAMMERKÖPFIGES, im
Zeltgang,
neben uns her, der doppelten,
langsam strömenden Rotspur.

Silbriges:
Hufsprüche, Schlaflied-
gewieher – Traum-
hürde und –wehr –: niemand
soll weiter, nichts.

Dich unter mir, kentaurisch
gebäumt,
münd ich in unsern hinüber-
rauschenden Schatten.

Aus: #Atemwende (1967)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

KAIMAUER-RAST, rittlings,
im Schatten der
von obenher auf-
gefächerten Trümpfe –

deine
abgegriffenen
Hände, gröber als je,
greifen anderswohin.

Die schöpfende, wieder
und wieder
überschwappende, um-
zugießende Schale voll Galle.

Die leicht
herübergeneigten,
flußaufwärts gesteuerten
Wandergefäße, dicht
an deinem Knieschorf vorbei.

Quader, reit.

Grauglaube neben mir,
trink
mit.

Aus: #Atemwende (1967)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

VOR DEIN SPÄTES GESICHT,
allein-
gängerisch zwischen
auch mich verwandelnden Nächten,
kam etwas zu stehn,
das schon einmal bei uns war, un-
berührt von Gedanken.

Aus: #Atemwende (1967)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

IN DEN FLÜSSEN nördlich der Zukunft
werf ich das Netz aus, das du
zögernd beschwerst
mit von Steinen geschriebenen
Schatten.

Aus: #Atemwende (1967)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

(ICH KENNE DICH, du bist die tief Gebeugte,
ich, der Durchbohrte, bin dir untertan.
Wo flammt ein Wort, das für uns beide zeugte?
Du – ganz, ganz wirklich. Ich – ganz Wahn.)

Aus: #Atemwende (1967)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

WEGGEBEIZT vom
Strahlenwind deiner Sprache
das bunte Gerede des An-
erlebten – das hundert-
züngige Mein-
gedicht, das Genicht.

Aus-
gewirbelt,
frei
der Weg durch den menschen-
gestaltigen Schnee,
den Büßerschnee, zu
den gastlichen
Gletscherstuben und –tischen.

Tief
in der Zeitenschrunde,
beim
Wabeneis
wartet, ein Atemkristall,
dein unumstößliches
Zeugnis.

Aus: #Atemwende (1967)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

SCHAUFÄDEN, SINNFÄDEN, aus
Nachtgalle geknüpft
hinter der Zeit:

wer
ist unsichtbar genug,
euch zu sehn?

Mantelaug, Mandelaug, kamst
durch alle die Wände,
erklimmst
dieses Pult,
rollst, was dort liegt, wieder auf –

Zehn Blindenstäbe,
feurig, gerade, frei,
entschweben dem eben
geborenen Zeichen,

stehn
über ihrn.

Wir sind es noch immer.

Aus: #Atemwende (1967)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

IN DIE RILLEN
der Himmelsmünze im Türspalt
preßt du das Wort,
dem ich entrollte,
als ich mit bebenden Fäusten
das Dach über uns
abtrug, Schiefer um Schiefer,
Silbe um Silbe, dem Kupfer-
schimmer der Bettel-
schale dort oben
zulieb.

Aus: #Atemwende (1967)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

COAGULA

Auch deine
Wunde, Rosa.

Und das Hörnerlicht deiner
rumänischen Büffel
an Sternes Statt überm
Sandbett, im
redenden, rot-
aschengewaltigen
Kolben.

Aus: #Atemwende (1967)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry