Dieser Thread setzt den unter
https://chaos.social/@plinubius/114340539626327406 begonnenen Thread fort, den Toolzoo der Grünen entlang der Wertkette politischer Arbeit
#iwp einzuordnen. Nachdem ich nun die vier Abschnitte der Anwendungen unter
https://netz.gruene.de/de/anwendungen „Beteiligung“, „digitale Dienste“, „Kampagnen und Wahlkampf“ und „Kommunikation und Kollaboration“ durchgegangen bin, will ich mir die eher verborgenen Anwendungen der Grünen ansehen. 47/x
Plinubius (@plinubius@chaos.social)
Durch https://chaos.social/@plinubius/114334876549731782 habe ich die Idee, die Funktionen des Toolzoos der Grünen mal entlang der Wertkette politischer Arbeit #iwp https://plinubius.de/politik-als-arbeitsprozess-teil-1-mein-platz-in-der-wertkette/#__RefHeading___Toc1284_1842757634%20Kopie%201 einzuordnen, um kenntlich zu machen, wo eine gute Versorgung besteht und wo die Lücken klaffen zwischen den Anforderungen eines kollaborativen Arbeitsprozesses entlang der Wertkette politischer Arbeit und zur Verfügung stehenden Infrastruktur. Das gestattet es über den Prozess nachzudenken, der solchermaßen (nicht) ausgestattet wird.1/x
chaos.socialReligiöse Schriften, die nicht in den biblischen Kanon aufgenommen worden sind, nennt man Apokryphen, von altgriechisch apokryphos, was deutsch so viel wie ‚verborgen, dunkel‘ heißt . Es gibt Funktionen und Programme bei den Grünen, die nicht in den Kanon unter
https://netz.gruene.de/de/anwendungen aufgenommen worden sind. Ich nenne sie daher hier mal scherzhaft die apokryphischen Tools. Nicht von ungefähr, denn es handelt sich doch teils um Heiligtümer wie bspw. die Mitgliederverwaltung. 48/x
Anwendungen | DAS GRÜNE NETZ
Zu den apokryphischen Tools der Grünen gehören unter anderem die Mitgliederverwaltung „Sherpa“, die „Verdigado Mailing Lists“ auf der Basis der Software Sympa oder auch die Mastodon-Instanz
https://gruene.social mit 561 Accounts (Stand 25.04.2025). Daneben bietet die Grünen-nahe Verdigado eG die Bereitstellung und den Support zu einer Reihe von OpenSource-Softwares wie Typo3, Wordpress und andere Tools an, die für Gruppen oder Kandidierende relevant sind. Siehe
https://verdigado.com/teamtools/ 49/x

gruene.social
Die Mastodon-Instanz für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, betrieben von Netzbegrünung e.V.
Mastodon hosted on gruene.socialIch halte es für zwingend hier auf die Mitgliederverwaltungssoftware
#Sherpa einzugehen, weil diese mehr kann, als man meinen könnte, diese Funktionen aber kaum oder gar nicht genutzt werden, was mit der Unzugänglichkeit der Software, ihrer dürftigen UX und mangelnder Schulung zu tun hat. Mit Sherpa kann man nicht nur Mitgliedschaften und Mitgliedsbeiträge verwalten, es beinhaltet auch Funktionen, wie man sie von Constituent Relationship Management Systemen wie bspw.
#CiviCRM (
#FOSS) kennt. 50/x
Sherpa bietet die Möglichkeit, auch andere Stakeholder außer Mitgliedern zu verwalten, weil das Programm eben auch als Kontaktverwaltung genutzt wird, um Serienbriefe zu erstellen und E-Mail-Verteiler zu verwalten. Für letzteres besteht eine Schnittstelle zu Sympa. Das Kontaktmanagement beinhaltet auch die Möglichkeit, personenbezogene Ressourcen, Interessen oder Verbindungen zu dokumentieren. Für DSGVO-Liebhaber: Dies alles im legalen und legitimen Rahmen wie in jedem anderen CRM. 51/x
Bemerkenswert finde ich daran, dass es im parteiöffentlichen Tableau der Anwendungen unter
https://netz.gruene.de meines Erachtens keine Anwendung gibt, die explizit für ein kollaboratives Stakeholder Management oder zumindest für ein kollaboratives Constituent Relationship Management vorgesehen ist. Das heißt, jedem Mitglied Infrastruktur zu geben, auf eigene Initiative Beziehungen aufzubauen, kollaborativ Mitglieder oder Constituents zu organisieren und Stakeholder zu pflegen. 52/x
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Es ist eine Fehleinschätzung zu glauben, dies sei funktional mit einem Forum oder einem Messenger abzubilden. Es geht ganz klar um die Fähigkeit, personenbezogen Interessen und Ressourcen zu kennen, wie man sie bspw. im Haustürwahlkampf kennen lernt, und dann anlassbezogen möglichst effizient auf die richtigen Leute zugehen oder die richtigen Leute zusammen bringen zu können. Diese Fähigkeit ist in der Mitgliederschaft vorhanden, bemerkenswerter Weise aber nicht technisch unterstützt. 53/x
Deutlich habe ich den Protest aus einem Vorort meiner Stadt im Ohr. Frust darüber, über keine aktuelle Liste der Mitglieder im eigenen Ort zu verfügen. Zweifelsohne beinhaltet die Vorhaltung einer entsprechenden Infrastruktur die Beantwortung naheliegender datenschutzrechtlicher Fragen. Die zu beantworten halte ich aber für vollkommen möglich, wie das online durchsuchbare Mitgliederverzeichnis unter
https://netz.gruene.de zeigt, das m.E. funktional hinter den Möglichkeiten zurückfällt. 54/x
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Meines Wissens in Java entwickelt, ist Sherpa eine Client-Server-Legacy-Anwendung mit einem organisch gewachsenen Desktop-Client, der auf jedem Betriebssystem lauffähig ist. Weder ist so ganz klar, wer diese Software pflegt und entwickelt, noch, wie die Roadmap aussieht. Die Schulung neuer Nutzer geschieht rund zwei Mal pro Jahr durch eine einstellige Anzahl Heavy User, die wohl selbst auch einen Anteil an der Entwicklung haben. 55/x
Wer die Weihe erhalten will, Hand ans Gerät legen zu dürfen, muss eine ordentliche Datenschutzschulung durchlaufen, die ebenso ordentlich dokumentiert wird. Pro Kreisverband sind nach meiner Beobachtung bestenfalls 1 bis 10 Personen mit dieser Software und ihrer Bedienung vertraut. Die Anzahl der Geschulten kumuliert über die Jahre, die Gesamtzahl bleibt aber gering, weil die initialen Kosten hoch und der Anreiz zur Amtsübernahme gering ist. 56/x
Da Sherpa meines Wissens kaum oder gar nicht auf der Ebene der ca. 1700 Ortsverbände eingesetzt wird, sind die Nutzer·innen auf die rund 440 Kreisverbände und 16 Landesgeschäftsstellen verteilt. Nimmt man an, es gäbe pro Einheit durchschnittlich 4 geschulte Benutzer·innen, so wären dies 1% aller Mitglieder, die Kenntnis von Sherpa haben, mindestens die Hälfte davon aktive Benutzer·innen. Insofern nicht verwunderlich, dass sich in der Partei verblüffend wenige mit dieser Software auskennen. 57/x
Diese Situation begünstigt größere Kreis- und Stadtverbände, die sich hauptamtliches Personal leisten können, das sich über Jahre mit diesem System vertraut zu machen in der Lage ist und benachteiligt kleinere Orts- und Kreisverbände, die nur das allernötigste zu bewerkstelligen versuchen – nämlich die Verwaltung von Mitgliedsgebühren und anderen Zuwendungen. 58/x
Bleibt noch die Einordnung von Sherpa in die Wertkette politischer Arbeit. Die Mitglieder- und Zuwendungsverwaltung sind Sekundärprozesse zum Zwecke der ökonomischen Unterhaltung des politischen Vereins und seiner Infrastruktur. Die Möglichkeit aber, mit Hilfe von Sherpa Kontakte zu verwalten, aus Sherpa heraus Kontakte einzeln oder als Gruppen anzuschreiben und per Serienbrief/E-Mail zu kommunizieren, macht Sherpa zu einem potentiell mächtigen Werkzeug der Verbreitung von Information. 59/x
Richtig angewandt spielt Sherpa meines Erachtens auch eine Rolle bei der Informationsbeschaffung. Werden Berichte zu Ereignissen oder die Interpretation einer Lage erforderlich, eröffnet Sherpa die Möglichkeit, Personen (auch Nichtmitglieder) zu identifizieren und zu kontaktieren, die aufgrund ihrer persönlichen oder beruflichen Situation, ihrer Ausbildung, Interessen, Ehrenämtern und/ oder ihrer Betroffenheit wegen Einblick und Zugang haben oder zu einer Sache bekanntermaßen arbeiten. 60/x
Im Moment der Operation liefert Sherpa Informationen, welche Ressorcen mobilisiert werden können. Solange solche Funktionen nur einer winzigen Elite an Funktionären vorbehalten oder mittelbar durch persönliche Beziehung zugänglich sind, sind die mit diesem Informationsvorsprung potentiell verbundenen Vorteile der Durchsetzungfähigkeit im innerparteilichen Wettbewerb um individuelle und auch kollektive Handlungsoptionen extrem ungleich verteilt. 61/x
Der Vollständigkeit halber muss hier auch auf „Verdigado Mailing Lists“ auf der Basis der Software Sympa eingegangen werden. Verdigado stellt als Dienstleistung Sympa-Instanzen bereit. Auf Sympa können dann Nutzer·innen mit Administrationsrechten beliebigen Dritten Mitbenutzungsrechte einräumen. Neben allen bekannten Funktionen eines solchen Mailing-Listen-Systems ist es einem Kreisverband oder einer Geschäftsstelle auch möglich, solche Mailing-Listen direkt aus Sherpa heraus zu verwalten. 62/x
Sympa-Instanzen sind gut für die Wertkette politischer Arbeit geeignet. Sie gestatten es, mit Hilfe von E-mail erarbeitete Information (z.B. Berichte, Interpetrationen/Lageanalysen, Strategieentwürfe uvm.) zu verbreiten. Auch Dokumentation ist in gewisser Weise mit Sympa-Instanzen möglich, denn für jede Mailingliste besteht die Option, eine Archiv-Funktion zu aktivieren, sodass Mailinglisten-Subscriber oder Nutzer·innen mit bestimmten Rechten das Archiv durchsuchen können 63/x
Auch wenn E-Mail technologisch gesehen ein vergleichsweise veraltetes Prinzip ist, der Aspekt der dezentralen Speicherung verbreiteter Information erzeugt potentiell eine gewisse Resilienz, weil einmal verbreitete Information in beliebig vielen Kopien verteilt bleibt. Die Schwäche dieser Technologie besteht darin, dass das Informations- bzw. Dokumentenmanagement hier de facto auf Personal Information Management (PIM) Werkzeugen wie MS Outlook, Thunderbird, GoogleMail uva. beruht. 64/x
Ich glaube, es ist ein Fehler, dass die Funktionen von Sherpa und Sympa nur sehr wenigen Mitgliedern zugänglich und überhaupt bekannt sind. Man kann die Nutzung eines Werkzeugs nicht delegieren, ohne dadurch die Erfahrung einzubüßen, was mit Hilfe des Werkzeugs möglich ist, mit der Folge, dass die Beratung über den Arbeitsprozess entlang der gesamten Wertkette überwiegend in Unkenntnis der Möglichkeiten geschieht, während Eingeweihte aus Informationsvorsprung Nutzen ziehen werden können. 65/x
Nimmt man die Liste unter
https://netz.gruene.de/de/anwendungen als den heiligen Kanon digitaler Anwendungen der Grünen, so ist die Mastodon-Instanz
https://gruene.social ein weiteres apokryphisches Tool der Grünen.
@utzer hat mich darauf hingewiesen, dass diese Instanz gar nicht von den Grünen, sondern von dem die Grünen nahen Verein Netzbegruenung e.V. bereitgestellt wird. Siehe dazu den kurzen Thread unter
https://chaos.social/@plinubius/114402859535948949 66/x
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