Habe dem Kind Tiktok gegeben.
Habe mir Tiktok zugelegt.
Habe mit dem Kind getiktokt. Gefragt, wie lange wir jetzt dabei sind, was gut und was Dreck war.
Kind hat irgendwann entschieden, seine selbst produzierten Titok-Videos zu löschen, und Tiktok zu deinstallieren. "Zeit und Aufwand im Verhältnis zu dem, was es bringt, sind blöd."
Kind hat nie wieder nach Tiktok gefragt und ignoriert Tiktok auf dem Schulhof. "Die sind eh dumm."
TLDR: Wenn der Sohn was anschleppt, nehm ich das manchmal als Anlaß mir Sachen anzusehen statt sie zu werten. Die Wertung kommt auch, aber erst nach dem Ansehen und unter dem Gesichtspunkt "Was tut das? Macht mich das glücklich, schlauer oder besser? Ist es meine Zeit wert?" und diese Wertung versuche ich zu vererben.
@ts-new Er macht seit er 8 ist oder so Minecraft, und wollte dann auch irgendwann Youtube Videos publizieren (mit 10 oder 11).
Hat er mit Mama hart verhandelt – "keine Gesichter, keine Namen, keine Adressen", "wir reviewen jedes Video vor dem Upload" (das wurde das in erster Linie eine Style-Kritik, also Narrativ, Schnitt, Sound, Edit).
Und ganz wichtig: "Das Youtube nicht mit den normalen GMail, sondern mit einem anderen, neuen Account, damit Dein normales GMail nicht weg ist, wenn Dein Youtube Account gebusted wird." "Ja, natürlich lügen wir beim Alter und bei allem anderen, das ist wichtig. Es geht niemanden etwas an, wer Du wirklich bist und es schützt Dich."
Auf dieser Grundlage wollte er auch Tiktok (mit Zweitverwertung als Youtube Shorts).
An der Stelle haben wir dann inne gehalten und ich habe mir Tiktok angesehen, weiter wie oben. Also war er vermutlich 12 oder so.
Kern der ganzen Sache war, dem Kinde beizubringen, sich selbst zu beobachten und seine Handlungen zu beurteilen – hilft mir das, was macht es mit mir, macht es mich größer, besser, schlauer, was mache ich, habe ich Kontrolle über meine Kommunikation und meinen Medienkonsum.
Er hat mehr als einmal um Hilfe gebeten ("Ich will mein Telefon bei Euch abgeben und es erst wieder haben, wenn die Hausaufgaben fertig sind/wenn ich morgens geweckt werde"), aber auch früh Entscheidungen getroffen ("Ich glaube, wir sollten bei Harry Potter Teil 3 erst mal abbrechen, das wird mir zu dark"). Ich habe das unterstützt ("Papa zum Beispiel mag kein Blacklist gucken, das ist Splatter auf eine Art, die ihm nicht gefällt")
Er hat angefangen sprechen zu lernen und das war um die Weihnachtszeit. Kerzen haben ihn fasziniert.
Also wollte er unbedingt in eine Flamme fassen, weil das so schön leuchtet. Natürlich habe ihn ihm "Vorsicht, heiß!" gesagt, aber er kann nicht sprechen und vor allen Dingen kennt er das Konzept "heiß" nicht. Es gibt nichts, überhaupt nichts, was ich tun kann, um ihm das begreiflich zu machen.
Da habe ich begriffen, daß ich dem Kind keine Erfahrungen ersparen kann, egal wie jung es ist. Ich habe einen nassen Lappen geholt, ihn in die Kerze fassen lassen, die Finger gekühlt und das Kind getröstet und sein drittes Wort war "heiß" (eher "ei" "hei").
Ich kann als Papa nur Geduld haben, das Kind Erfahrungen machen lassen, aufpassen, daß es sich dabei nicht umbringt und hinterher trösten. Das ist absolut zentral.
Die Kindergärtnerinnen haben mich immer wie einen Mörder angesehen, wenn ich denen erklärt habe, daß mich das alles nicht interessiert, solange es nicht genäht oder geschient werden muß und noch alle Zähne und Augen da sind. Ich will mein Kind gerne dreckig und verschrammt zurück nehmen, denn dann weiß ich, daß er Grenzen getestet und erkannt hat, also was gelernt hat.
Kerzen, Klettergerüste, Discord, Minecraft, Tiktok. Das ist alles dieselbe Logik.
Will auch sagen: Du kannst, auf eine Weise, einen Einjährigen, Dreijährigen oder Zehnjährigen wie einen Erwachsenen behandeln:
Taten haben Konsequenzen.
Der "Altersbonus" ist, daß ich die Konsequenzen kuratiere oder moderiere.
Lernen kann er ja nur, wenn er die Konsequenz seiner Handlungen überlebt und andere nicht gefährdet.
Das hat aber, über die Jahre, und immer wieder einen Effekt: Der Sohn reflektiert, plant, schätzt ab, modelliert im Kopf, was passieren wird, was passieren könnte, und was er will und warum er das will.
Das ist genau das, was ich als Papa erreichen will.
EDIT: Das ist sehr, sehr sichtbar, schon bei einem Dreijährigen.
Er weiß, daß er die Meerschweinchen nicht anfassen darf, die auf einer Teichfolie mit 20 cm Acrylgatter im Wohnzimmer stehen.
Er weiß nicht, ob das immer gilt, und das würde er gerne herausfinden oder ob das nur Donnerstags gilt (nicht bewusst, das ist eingebautes Testverhalten in allen Kindern).
Also geht er auf den Meerschweinkäfig zu, schaut sich sehr offensichtlich um (sieht mich aber nicht nicht), und bricht die Handlung ab, weil er
Das hat er nicht bewusst getan, das ist einfach normales Kindsverhalten. "Testen, aber erst absichern" ist ein normales Lernverhalten.
Wenn das Kind sich sicher fühlt, also weiß, daß es unter Aufsicht ist, dann testet es. Sonst geht es auf Nummer sicher, und hält sich enger an die Regeln.
Für mich als Papa heißt das aber auch, daß ich ihm vertrauen kann, im Rahmen dessen, was er in dem Alter leisten kann. Und daß es einen Unterschied zwischen Beobachtetem und Unbeobachteten Verhalten gibt, was Risikofreudigkeit angeht.
...vor allen Dingen kennt er das Konzept "heiß" nicht. Es gibt nichts, überhaupt nichts, was ich tun kann, um ihm das begreiflich zu machen...
Ich habe bei meinen beiden Kids die Hand genommen & diese am kalten Herd & Ceranfeld gehalten
Die Hand war unter meiner
Dann habe ich es eingeschaltet
Da meine Hand ebenfalls warm wurde, konnte ich mit den Worten kalt, es wird wärmer & heiß, den Kids begreifbar machen was heiß bedeutet
Hatte nachhaltig geklappt