Für schwule Männer gab es keinen Tag der Befreiung. Das Motto war nicht "nie wieder", sondern "weiter so". Viele schwule KZ-Häftlinge wurden nicht befreit, sondern direkt in Gefängnishaft überführt.

1959 bestätigte das Bundesverfassungsgericht die generelle Kriminalisierung einvernehmlicher männlicher Homosexualität unter Erwachsenen unter Berufung auf das "Sittengesetz".

Homosexuelle NS-Opfer blieben jahrzehntelang vom öffentlichen Gedenken ausgeschlossen. Das erlittene Unrecht wurde stattdessen gerechtfertigt und fortgeführt.

Die BRD behielt den §175 bis 1969 in der von den Nazis verschärften Form bei. Nach dem Krieg wurden in der Bundesrepublik geschätzt 50.000 - 65.000 schwule Männer nach §175 verurteilt.

Mehrere Anläufe, den §175 ganz zu streichen, scheiterten im Bundestag. Erst 1994 wurde der Paragraf vollständig gestrichen.

Die allermeisten schwulen / bisexuellen NS-Opfer erlebten die bis 2002 verschleppte Rehabilitation und Entschädigung nicht mehr.

Die wissenschaftliche Aufarbeitung anderer queerer NS-Opfer ist bis heute lückenhaft.

#8Mai
#TagDerBefreiung

@der_zaunfink Für lesbische Frauen galt das nicht? Wurden die von den Nazis nicht umgebracht? Später gab es keine Inhaftierten Frauen weil sie lesbisch waren?
@comicbuchtyp Es gab in Deutschland kein Gesetz, das Homosexualität zwischen Frauen verbot. Lesbische / bisexuelle Frauen wurden ebenfalls verfolgt und inhaftiert, aber dafür wurden meines Wissens dann eher andere Beschuldigungen vorgeschoben (was u. A. die Forschung erschwert). Ich bin diesbezüglich leider nicht besonders gut informiert. Vielleicht kann jemand anders dazu mehr sagen als ich.

@der_zaunfink @comicbuchtyp

Ja, in NS-Deutschland gab es kein explizites Gesetz gegen gleichgeschlechtl. sex. Handlungen unter Frauen (nicht aufgrund diesbezügl größerer Toleranz & Progressivität, sondern weil weibl. Lust & Sexualität in reaktionärem Weltbild nicht relevant ist),
obwohl die Nazis eine Zeit lang eine Ausweitung des §175 auch auf Frauen in Betracht zogen.

Aber sie waren natürlich völlig konträr zum NS-Frauen-&Familienbild.

Lesbische Beziehungen wurden daher

1/x

@der_zaunfink @comicbuchtyp

2/
indirekter unter anderen Labels wie zB "Asozialität" verfolgt. - Was die Erforschung schwieriger, diese Verfolgung lange unsichtbarer & das Gedenken leider zT auch innerhalb der LGBTQ* community umstritten machte.

In Österreich dagegen gab es ein solches Gesetz (§129Ib), das auch nach dem sogen. "Anschluss" rigide ausgelegt & angewendet in Kraft blieb.

(Hoffentl. unnötig zu erwähnen, dass auch die "indirektere" Ächtung weibl. Homo-&Bisexualität

Unsichtbare Opfer: Die verkannte Verfolgung lesbischer Frauen im Dritten Reich

Im Vergleich zu Homosexualität unter Männern war Sex zwischen Frauen im Dritten Reich nicht offiziell verboten. Daher meinte die Wissenschaft lange, lesbische Frauen seien durch die Nazis nicht verfolgt worden. Bis heute klafft eine noch immer große Wissenslücke, auch mangels Forschung auf diesem Gebiet.

SWR Kultur

@NaMi
Herzlichen Dank, Nadine, für deine Ergänzungen und die Links.

Eine Nebenbemerkung: Der Opferwettlauf, den einige Schwule angezettelt haben, indem sie die Verfolgung lesbischer / bisexueller Frauen leugneten oder relativierten, gehört für mich zu den unangenehmsten innerqueeren Vorfällen der letzten Jahre. Ausgerechnet bei diesem Thema wäre Solidarität so notwendig.

@comicbuchtyp