Deutschland. Ein Kaktusmärchen

Caput I - In Aachen stand ein Kaktus grün

Ich trat durchs Grenzhaus, kalt und grau,
der Zoll war stumm - der Himmel rau.
"Was schleppen Sie da, fremder Mann?"
"Ein Kaktus nur - nichts, was weh tun kann."
Doch einer nahm's nicht auf die leichte Art:
"Botanisch subversiv, das ist Staatssabotage, zart!"

Caput II - Im Rheinland Dorn und Duft

Im D-Zug rauschte Land vorbei,
mein Kaktus ruhte auf dem Schoß, ganz frei.
Ein Fräulein rief: "Wie exotisch das sticht!"
Ich lächelte leis - und erklärte es nicht.
Denn was weiß Liebe schon von Schmerz,
wenn sie nie trug ein stachelig Herz?

Caput III - Köln, der Dom und Dornenschmerz

Der Dom war da, ganz gotisch streng,
doch mich bewegte ein andrer Drang:
Mein Kaktus, stolz wie Michelangelo,
fand Platz im Kirchenschiff - jawohl!
Ein Pfarrer sprach mit düstrem Blick:
"Das hier ist heilig - nicht stachelig, mein Glück!"